Ver­kün­det wird viel, aber ist es Chri­stus?

2. Korin­ther 11,4: „Ihr lasst es euch gefal­len, wenn jemand kommt und euch einen ande­ren Jesus ver­kün­det als den, den ich euch gebracht habe. Ihr lasst euch ger­ne einen ande­ren Geist geben als den, den ihr zuerst emp­fan­gen habt, und nehmt eine ande­re Gute Nach­richt an als die, die ihr von mir gehört habt.“ (Gute Nach­richt Bibel)

Der Apo­stel Pau­lus erhebt in 2. Korin­ther 11,4 eine ern­ste und zeit­lo­se War­nung, die nicht nur an die Gemein­de in Korinth gerich­tet ist, son­dern auch als ein­dring­li­cher Ruf zur geist­li­chen Wach­sam­keit für jede Gene­ra­ti­on dient. Pau­lus erkennt eine besorg­nis­er­re­gen­de Nei­gung, sich von der rei­nen Bot­schaft Chri­sti abbrin­gen zu las­sen – durch Leh­ren, die zwar einen reli­giö­sen Anstrich haben, jedoch das Wesen des Evan­ge­li­ums ent­stel­len. Auch wir sind heu­te einer Flut von Stim­men aus­ge­setzt, die um unse­re Auf­merk­sam­keit buh­len. Die Infor­ma­ti­ons­über­flu­tung unse­rer Zeit hat nicht zu Klar­heit, son­dern oft zu Zer­streu­ung geführt. Die Bot­schaft des Kreu­zes wird häu­fig über­tönt von den Ver­lockun­gen eines weich­ge­spül­ten Glau­bens, der mehr ver­spricht, als er wirk­lich hal­ten kann – ein Evan­ge­li­um ohne Buße, ein Chri­stus ohne Herr­schaft, ein Geist ohne Hei­li­gung.

Die Gefahr besteht nicht nur in der äuße­ren Ver­füh­rung, son­dern auch in der inne­ren Bereit­schaft, sich mit einem ande­ren Jesus zufrie­den zu geben – einem, der unse­re Wün­sche seg­net, jedoch kei­ne Her­zens­ver­än­de­rung bewirkt. Ein ande­rer Geist, der unse­re Emo­tio­nen anspricht, aber uns nicht zur Wahr­heit führt. Ein ande­res Evan­ge­li­um, das unser Selbst bestä­ti­gen mag, uns jedoch nicht ret­tet.

Pau­lus ruft uns zur Prü­fung auf. Dies geschieht nicht in einer Hal­tung des Zwei­fels, son­dern im Stre­ben nach geist­li­cher Inte­gri­tät. Sind wir bereit, unse­re Über­zeu­gun­gen am Maß­stab der Hei­li­gen Schrift zu mes­sen? Leben wir aus der Offen­ba­rung Got­tes oder aus der Inter­pre­ta­ti­on der Kul­tur? Die­se Selbst­prü­fung ist kein Rück­zug, son­dern eine Ein­la­dung zur Erneue­rung. Sie führt uns zurück zu den Wur­zeln des Glau­bens – zu Chri­stus, wie er in den Evan­ge­li­en offen­bart ist, zum Geist, wie er in der Apo­stel­ge­schich­te wirkt, und zum Evan­ge­li­um, das über die Jahr­hun­der­te hin­weg von Mär­ty­rern, Refor­ma­to­ren und ein­fa­chen Gläu­bi­gen getra­gen wur­de. Wach­sam­keit ist kein Aus­druck von Miss­trau­en, son­dern eine tief ver­wur­zel­te geist­li­che Lie­be zur Wahr­heit. Sie bewahrt uns davor, den Glanz der Welt mit dem Licht Chri­sti zu ver­wech­seln. Sie ruft uns in die Tie­fe – zur Gemein­schaft mit dem leben­di­gen Herrn, zur Unter­schei­dung der Gei­ster und zur Treue gegen­über dem Wort. Denn nur wer den wah­ren Chri­stus kennt, ist in der Lage, den fal­schen zu erken­nen. Nur wer im Geist lebt, wird die Ver­su­chun­gen der Ver­füh­rung durch­schau­en.

Die War­nung des Pau­lus ist kein theo­lo­gi­scher Exkurs, son­dern ein drän­gen­der Auf­ruf zur geist­li­chen Ver­ant­wor­tung. Sie erstreckt sich nicht nur auf die Leh­re, son­dern durch­dringt unser gan­zes Leben – nicht nur unser Den­ken, son­dern auch unse­re Nach­fol­ge. Denn wer einem ande­ren Jesus glaubt, folgt auch einem ande­ren Weg.

In unse­rer Zeit, die von spi­ri­tu­el­ler Belie­big­keit und reli­giö­sem Über­an­ge­bot geprägt ist, wird die Nach­fol­ge Jesu oft durch eine Form des beque­men Chri­sten­tums ersetzt. Ein Glau­be, der nicht for­dert, son­dern bestärkt. Eine Bot­schaft, die nicht zur Umkehr ruft, son­dern zur Selbst­ver­wirk­li­chung anregt. Doch die Nach­fol­ge Chri­sti ist kein Spa­zier­gang durch reli­giö­se Optio­nen. Sie ist viel­mehr ein Weg, der Hin­ga­be, Wahr­heit und Treue erfor­dert. Sie beginnt mit der Erkennt­nis: Nicht jeder, der „Jesus“ ruft, meint den Sohn Got­tes, wie er in der Schrift offen­bart ist. Nicht jeder „Geist“ ist der Hei­li­ge Geist. Nicht jede „Ver­hei­ßung“ führt zum ewi­gen Leben.

Was bedeu­tet das für uns heu­te? Es bedeu­tet, dass wir ernst­haft prü­fen müs­sen, wem wir fol­gen. Es bedeu­tet, dass wir bereit sein müs­sen, den schma­len Weg zu gehen – auch wenn er uns von der brei­ten Mas­se trennt. Es bedeu­tet, dass wir unse­re Her­zen vor der Ver­füh­rung eines Evan­ge­li­ums ohne Kreuz, eines Glau­bens ohne Gehor­sam, einer Lie­be ohne Wahr­heit bewah­ren müs­sen. Die Nach­fol­ge ist kein pas­si­ves Emp­fan­gen, son­dern ein akti­ves Ver­wei­len in Chri­stus. Sie ver­langt nach geist­li­cher Unter­schei­dung, bibli­scher Ver­wur­ze­lung und einer leben­di­gen Bezie­hung zum Herrn. Denn der wah­re Jesus ruft uns nicht zur Selbst­be­stä­ti­gung, son­dern zur Selbst­ver­leug­nung. Der wah­re Geist führt uns nicht in reli­giö­se Eksta­se, son­dern in die Hei­li­gung. Das wah­re Evan­ge­li­um ver­spricht nicht irdi­schen Erfolg, son­dern ewi­ge Gemein­schaft mit Gott.

Wach­sam­keit in der Nach­fol­ge bedeu­tet, dass wir nicht nur hören, son­dern auch gehor­chen. Nicht nur glau­ben, son­dern in der Gemein­schaft blei­ben. Nicht nur beken­nen, son­dern leben. Es ist ein Auf­ruf zur geist­li­chen Rei­fe – zur Treue in der Prü­fung, zur Klar­heit im Durch­ein­an­der, zur Lie­be zur Wahr­heit. Denn wer den wah­ren Chri­stus liebt, wird sich nicht mit einem ande­ren zufrie­den geben. Und wer dem Geist Got­tes folgt, wird die Stim­men der Ver­füh­rung erken­nen. Und wer das Evan­ge­li­um kennt, wird es nicht gegen eine Illu­si­on ein­tau­schen.

In einer Zeit der Viel­zahl an Stim­men, in der der Name Jesu oft leicht­fer­tig aus­ge­spro­chen wird, ohne dass sein Wort ernst­haft erforscht wird, steht die Gemein­de in Gefahr. Ver­füh­re­ri­sche Leh­ren ver­klei­den sich als Licht, ihr Ursprung jedoch ist Fin­ster­nis. Pau­lus warnt ein­dring­lich: „Denn der Satan selbst ver­stellt sich als Engel des Lich­tes“ (2. Korin­ther 11,14). Nicht jede Bot­schaft, die Chri­stus erwähnt, ist tat­säch­lich von Chri­stus. Nicht jeder Leh­rer, der sich als Wäch­ter aus­gibt, bewahrt das Evan­ge­li­um. Die edlen Ber­öer sind uns ein vor­bild­li­ches Bei­spiel: „Sie nah­men das Wort mit aller Bereit­wil­lig­keit auf und forsch­ten täg­lich in den Schrif­ten“ (Apo­stel­ge­schich­te 17,11). Ihre Hal­tung war nicht pas­siv, son­dern prü­fend. Sie glaub­ten nicht blind, son­dern such­ten die Wahr­heit im Licht der Hei­li­gen Schrift. Die­se Hal­tung ist heu­te nöti­ger denn je. Denn geist­li­che Träg­heit ist bequem – sie hört zu, nickt, folgt. Doch der Geist Got­tes ruft uns zur Tie­fe.

„Gelieb­te, glaubt nicht jedem Geist, son­dern prüft die Gei­ster“ (1. Johan­nes 4,1). Das ist kein Vor­schlag, son­dern ein Auf­trag. Die Prü­fung setzt ein tie­fes Wis­sen vor­aus – nicht punk­tu­ell, son­dern ganz­heit­lich. Die Bibel ist kein Zitat­buch, son­dern ein leben­di­ger Strom, des­sen Kraft nur im Gan­zen ent­fal­tet wird. Wer sie im Zusam­men­hang liest, erkennt die Lini­en, die Chri­stus durch alle Zei­ten zieht. Denn das Wort Got­tes ist kein Lehr­buch, son­dern ein Spie­gel, ein Schwert, ein Licht. Es formt unser Den­ken, durch­dringt unser Herz und rich­tet unser Urteil aus. Es ist der Prüf­stein, an dem jede Leh­re gemes­sen wird – auch unse­re eige­ne. Wer sich der Schrift aus­setzt, wird nicht nur klü­ger, son­dern ver­wan­delt. Er wird fest, wach, klar – nicht durch Mei­nun­gen, son­dern durch die Wahr­heit.

In einer Zeit, in der vie­le Chri­sten sich auf ihre eige­nen Mei­nun­gen, Inter­pre­ta­tio­nen und Gefüh­le ver­las­sen, um geist­li­che Wahr­hei­ten zu beur­tei­len, muss unmiss­ver­ständ­lich betont wer­den: Der Maß­stab für Wahr­heit ist allein die Hei­li­ge Schrift. Es zählt nicht, was wir über eine Leh­re den­ken oder wie sie uns erscheint, son­dern ob sie im Ein­klang mit dem Wort Got­tes steht.

Zu oft wird das per­sön­li­che Emp­fin­den über die objek­ti­ve Wahr­heit der Bibel gestellt, als ob unser inne­res Zeug­nis ver­läss­li­cher wäre als das offen­bar­te Wort. Doch das ist ein gefähr­li­cher Irr­tum. Die Schrift warnt uns ein­dring­lich, nicht jedem Geist zu glau­ben, und for­dert uns auf, die Gei­ster zu prü­fen, ob sie von Gott sind (1. Johan­nes 4,1). Die­se Prü­fung kann nicht auf sub­jek­ti­ver Ebe­ne statt­fin­den, son­dern muss sich auf das objek­ti­ve Zeug­nis der Schrift grün­den. Wenn wir fal­sche Leh­ren erken­nen und beur­tei­len wol­len, dann müs­sen wir sie mit der Bibel abglei­chen – nicht mit unse­rer Mei­nung, nicht mit unse­rer Tra­di­ti­on, und nicht mit unse­rer Erfah­rung, son­dern mit dem Wort Got­tes, das für immer bleibt.

Es ist tra­gisch, wie vie­le Chri­sten sich durch wohl­klin­gen­de Wor­te, cha­ris­ma­ti­sche Per­sön­lich­kei­ten und emo­tio­na­le Bot­schaf­ten ver­füh­ren las­sen, ohne zu fra­gen: „Was sagt die Schrift?“ Die Bibel ist kein Werk­zeug unter vie­len, son­dern das allei­ni­ge Fun­da­ment, auf dem unser Glau­be ruht. Sie ist das Licht, das in der Dun­kel­heit leuch­tet, der Prüf­stein, an dem jede Leh­re gemes­sen wird, und das Schwert, das Wahr­heit von Lüge trennt. Wer sich auf sei­ne eige­ne Sicht ver­lässt, baut auf Sand. Wer sich auf das Wort ver­lässt, steht fest.

Des­halb ist es uner­läss­lich, dass wir uns nicht mit ober­fläch­li­chem Bibel­wis­sen zufrie­den­ge­ben, son­dern die Schrift in ihrer Tie­fe und Ganz­heit stu­die­ren. Nur so wer­den wir befä­higt, Irr­tum zu erken­nen, Wahr­heit zu lie­ben und Chri­stus treu zu fol­gen. Möge der Geist Got­tes uns dazu füh­ren, nicht unse­re Gedan­ken zum Maß­stab zu machen, son­dern das Wort, das von Anfang an war, das Leben schenkt und uns in alle Wahr­heit lei­tet.

In der heu­ti­gen geist­li­chen Land­schaft begeg­nen wir immer wie­der Chri­sten, die mit gro­ßer Über­zeu­gung sagen:

Die Bibel allein ist und bleibt der Prüf­stein, an dem jede geist­li­che Äuße­rung gemes­sen wer­den muss, auch jene, die im Namen des Herrn aus­ge­spro­chen wird. Es reicht nicht aus, sich auf inne­re Ein­drücke oder per­sön­li­che Offen­ba­run­gen zu beru­fen; viel­mehr muss jede geist­li­che Regung, jede ver­meint­li­che Ein­ge­bung und jeder „Der Herr hat mir gesagt“-Moment dem Licht des Wor­tes Got­tes aus­ge­setzt wer­den. Denn nur die Hei­li­ge Schrift kann uns zuver­läs­sig offen­ba­ren, wel­cher Geist am Werk ist – ob es der Geist Got­tes ist oder ein ande­rer.

Der wah­re Geist Chri­sti führt uns zur Demut, zur Bereit­schaft zur Kor­rek­tur und zur Unter­ord­nung unter das offen­bar­te Wort. Wer sich wil­lig prü­fen lässt, wer sich durch die Schrift zurecht­brin­gen lässt, zeigt, dass er im Geist Chri­sti lebt. Doch wer sich der Mah­nung durch das Wort wider­setzt und jede Kor­rek­tur mit geist­li­chem Stolz abwehrt, der folgt nicht dem Geist des Herrn, son­dern einem Geist der Täu­schung.

Geist­li­cher Hoch­mut ist kein Zei­chen von Rei­fe, son­dern ein Warn­si­gnal. Der Geist Got­tes wider­spricht nie­mals dem Wort Got­tes – und das Wort Got­tes wider­spricht nie­mals dem Geist Got­tes. Bei­de sind eins. Des­halb ist es uner­läss­lich, dass wir jede geist­li­che Aus­sa­ge, jede Leh­re, jede pro­phe­ti­sche Rede und jede inne­re Stim­me am Wort prü­fen. Nicht, um zu ver­ur­tei­len, son­dern um zu unter­schei­den. Nicht, um zu kon­trol­lie­ren, son­dern um zu bewah­ren. Denn der Feind gibt sich als Engel des Lichts aus, und vie­le wer­den ver­führt, weil sie das Licht nicht mit der Schrift ver­glei­chen. Möge der Herr uns ein demü­ti­ges Herz schen­ken, das bereit ist, sich prü­fen zu las­sen – und ein festes Herz, das sich allein an sei­nem Wort ori­en­tiert. Amen.