Mit Chri­stus ver­bun­den: Was wir erfah­ren haben, geben wir wei­ter!

1.Johannes 1,3: “…was wir gese­hen und gehört haben, das ver­kün­di­gen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemein­schaft habt; und unse­re Gemein­schaft ist mit dem Vater und mit sei­nem Sohn Jesus Chri­stus.”

Das Zeug­nis, das Johan­nes in 1. Johan­nes 1,3 wei­ter­führt, ist von zen­tra­ler Bedeu­tung für das Ver­ständ­nis des christ­li­chen Glau­bens. Mit der drei­fa­chen Bekräf­ti­gung „was wir gese­hen und gehört haben“ geht es nicht um blo­ße Ideen oder spi­ri­tu­el­le Visio­nen – es geht um kon­kre­te, erfahr­ba­re Rea­li­tät. Johan­nes bezeugt nicht Mythen oder Fabeln, son­dern die phy­si­sche Gegen­wart Jesu Chri­sti in Raum und Zeit. In einer Welt, die von Sün­de und Ent­frem­dung geprägt ist, tritt Gott selbst in die Geschich­te ein. Die Offen­ba­rung des Lebens in Chri­stus ist kein phi­lo­so­phi­sches Kon­zept, son­dern ein greif­ba­res Ereig­nis.

Die Wei­ter­ga­be die­ser Erfah­rung hat einen zutiefst gemein­schaft­li­chen Cha­rak­ter. Es ist nicht nur ein histo­ri­scher Bericht, son­dern eine Ein­la­dung zur Teil­ha­be am gött­li­chen Leben. Die Gemein­schaft mit den Apo­steln ist nicht rein mensch­lich, son­dern grün­det sich auf die gemein­sa­me Bezie­hung zu Gott, dem Vater, und zu Jesus Chri­stus, dem Sohn. Hier wird die Gemein­schaft durch Teil­ha­be greif­bar – eine geist­li­che Ver­bun­den­heit, die aus dem Erle­ben und Erken­nen Got­tes ent­springt. Der Glau­be ist also nicht indi­vi­dua­li­stisch, son­dern wird in der Gemein­schaft gelebt und gestärkt.

Gera­de in unse­rer Zeit, wo Glau­be oft wie Nebel behan­delt wird – etwas Dif­fu­ses, das man nicht grei­fen kann – ist es umso wich­ti­ger, sich an die feste Gestalt des histo­ri­schen Wir­kens Got­tes zu erin­nern. Das heißt: Ange­sichts moder­ner Ten­den­zen, das Chri­sten­tum in sym­bo­li­sche Deu­tungs­mu­ster zu über­füh­ren, wird die geschicht­li­che Rea­li­tät von Chri­sti Leben, Tod und Auf­er­ste­hung zu einem unver­zicht­ba­ren Anker­punkt der bibel­treu­en Theo­lo­gie. Die Bibel besteht nicht aus eine Samm­lung sym­bo­li­scher Gleich­nis­se – sie bezeugt Got­tes kon­kre­tes Han­deln in der Geschich­te. Das Leben Jesu von Naza­reth, sein Wir­ken, sein Lei­den, Ster­ben und Auf­er­ste­hen, ist der Dreh- und Angel­punkt des christ­li­chen Glau­bens. Die­ses Gesche­hen ist mit mensch­li­chen Sin­nen erfass­bar, von Zeu­gen belegt und in Schrif­ten über­lie­fert, sodass es auch für uns heu­te rele­vant und zugäng­lich ist.

Das apo­sto­li­sche Augen­zeu­gen­tum bezeugt die unmit­tel­ba­re Erfah­rung und Wahr­neh­mung der Jün­ger, die Jesus Chri­stus gese­hen, gehört und berührt haben – und somit den Glau­ben auf ein real erleb­tes Fun­da­ment stel­len. Petrus bekräf­tigt dies mit Nach­druck: Sie folg­ten kei­nen Fabeln oder erfun­de­nen Geschich­ten, son­dern waren Augen­zeu­gen der Herr­lich­keit Chri­sti: “Denn wir sind nicht aus­ge­klü­gel­ten Fabeln gefolgt, als wir euch kund­ge­tan haben die Kraft und das Kom­men unse­res Herrn Jesus Chri­stus; son­dern wir haben sei­ne Herr­lich­keit mit eige­nen Augen gese­hen” (2.Petrus 1,16). Die Erfah­rung, mit eige­nen Augen gese­hen zu haben, gibt dem apo­sto­li­schen Zeug­nis eine ein­zig­ar­ti­ge Auto­ri­tät. Es geht nicht um Hören­sa­gen, son­dern um unmit­tel­ba­re Begeg­nung mit dem leben­di­gen Gott. Die­se Augen­zeu­gen­schaft ist das Fun­da­ment, auf dem das Ver­trau­en der Gemein­de auf Got­tes Ein­grei­fen ruht.

Gott hat in Jesus Chri­stus in die Geschich­te ein­ge­grif­fen – real, sicht­bar, erfahr­bar. Die­ses Han­deln ist das Herz­stück des christ­li­chen Glau­bens und bil­det die Brücke zwi­schen gött­li­cher Rea­li­tät und mensch­li­cher Erfah­rung. Indem wir die­ses Zeug­nis wei­ter­ge­ben und in der Gemein­schaft leben, tre­ten wir ein in eine leben­di­ge Ver­bin­dung mit Gott, die über alle Zeit hin­aus Bestand hat.

Der Apo­stel Johan­nes stellt in 1. Johan­nes 4,2 eine bemer­kens­wer­te Ver­bin­dung her zwi­schen der histo­ri­schen Rea­li­tät Jesu Chri­sti und dem Erken­nen des wah­ren Gei­stes: „Dar­an erkennt ihr den Geist Got­tes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Chri­stus im Fleisch gekom­men ist, der ist aus Gott.“ Die­ses Bekennt­nis zur Fleisch­wer­dung – zur Inkar­na­ti­on – ist nicht bloß ein theo­lo­gi­scher Lehr­satz, son­dern das zen­tra­le Kri­te­ri­um für ech­tes Christ­sein. Johan­nes betont damit: Wer das Kom­men Jesu im Fleisch leug­net, also die geschicht­li­che Rea­li­tät sei­ner Mensch­wer­dung, ent­zieht dem Evan­ge­li­um sei­ne Grund­la­ge. Die Wahr­haf­tig­keit der christ­li­chen Bot­schaft steht und fällt mit der Aner­ken­nung, dass Gott in Raum und Zeit han­delt – dass das Ewi­ge ins Zeit­li­che ein­ge­drun­gen ist, kon­kret und erfahr­bar.

Nimmt man die­ser Wahr­heit ihre histo­ri­sche Dimen­si­on, ver­liert der Glau­be sei­ne Erdung und sei­ne Grund­la­ge. Ein Jesus, der nicht wirk­lich gebo­ren wur­de, nicht litt, starb und auf­er­stand, wird zur Idee, zum Mythos, zu einem blo­ßen Sym­bol. Die Wirk­lich­keit Got­tes ent­schwin­det ins Abstrak­te – zurück bleibt ein Gedan­ken­ge­bil­de, ein phi­lo­so­phi­scher Begriff ohne Kraft und Bin­dung. Der Gott der Bibel aber ist kein Kon­zept, son­dern eine leben­di­ge Per­son, die in die Geschich­te hin­ein­ge­spro­chen und dar­in gehan­delt hat. Die histo­ri­sche Wahr­heit der Bibel ist daher weit mehr als ein theo­lo­gi­sches Detail – sie ist das Fun­da­ment, auf dem die Glaub­wür­dig­keit und Ver­bind­lich­keit des christ­li­chen Glau­bens ruht. Wer sie bestrei­tet, stellt letzt­lich auch die Exi­stenz und das Wesen Got­tes in Fra­ge, wie ihn die Hei­li­ge Schrift offen­bart. Denn der bibli­sche Gott ist nicht nur der Schöp­fer der Welt, son­dern auch ihr Erlö­ser – ein Gott, der in Jesus Chri­stus Mensch gewor­den ist und der in der Geschich­te sicht­bar und erfahr­bar wur­de.

Johan­nes macht unmiss­ver­ständ­lich klar: Die Geist­un­ter­schei­dung im christ­li­chen Glau­ben beginnt dort, wo das Bekennt­nis zur fleisch­li­chen Rea­li­tät Chri­sti steht. Die Geschicht­lich­keit ist nicht der Rand­be­reich des Glau­bens, son­dern sein inner­stes Zen­trum. Ein Gott, der nicht han­delt, ist nicht der Gott der Bibel. Er bleibt ein Kon­zept – unver­bind­lich, ohne Anspruch, ohne Gegen­wart. Doch der Gott, der sich in der Geschich­te offen­bart hat, ruft zur Ent­schei­dung, zur Nach­fol­ge, zur Gemein­schaft. Und genau dar­auf grün­det sich die christ­li­che Hoff­nung.

Der gött­li­che Mis­si­ons­auf­trag

Das Evan­ge­li­um von Jesus Chri­stus ist kei­ne Geheim­leh­re, kein ver­bor­ge­nes Wis­sen für eine exklu­si­ve Eli­te. Es ist die Bot­schaft Got­tes an die Welt – offen, klar und zugäng­lich für jeden Men­schen. Die Apo­stel bezeu­gen dies mit einer tie­fen inne­ren Dring­lich­keit. Ihre Wor­te in Apo­stel­ge­schich­te 4,20 – „Wir können’s ja nicht las­sen, von dem zu reden, was wir gese­hen und gehört haben“ – offen­ba­ren eine über­wäl­ti­gen­de Erfah­rung, die sie nicht für sich behal­ten konn­ten. Sie waren Zeu­gen von etwas so Gewal­ti­gem, so Lebens­ver­än­dern­dem, dass Stil­le kei­ne Opti­on war. Die Ver­kün­di­gung wur­de zur inne­ren Not­wen­dig­keit, zur Bewe­gung, die Her­zen errei­chen will.

Die Fro­he Bot­schaft ist uni­ver­sal – sie über­schrei­tet Gren­zen von Kul­tur, Spra­che und Her­kunft. „Wir ver­kün­di­gen euch“ – das „euch“ ist nicht exklu­siv gemeint, son­dern inklu­siv: Es schließt jeden ein, der bereit ist zu hören. Das Evan­ge­li­um ruft nicht zur Iso­la­ti­on, son­dern zur Öff­nung. Die Gemein­de Chri­sti lebt vom Wei­ter­ge­ben, vom Tei­len des­sen, was gese­hen und gehört wur­de: die ret­ten­de Lie­be Got­tes, sicht­bar in Chri­stus. Dabei geschieht Evan­ge­li­sa­ti­on nicht abstrakt oder distan­ziert, son­dern per­sön­lich. Die Ver­kün­di­gung erreicht den Ein­zel­nen mit­ten in sei­ner Lebens­wirk­lich­keit, durch das gespro­che­ne Wort, durch geleb­tes Zeug­nis und durch gei­ster­füll­te Prä­senz. In die­ser Begeg­nung mit der Wahr­heit des Evan­ge­li­ums wird der Mensch inner­lich ange­rührt – das Herz wird geöff­net, der Geist erwacht, und der Glau­be wird gebo­ren.

Die Apo­stel wur­den durch äuße­re Mäch­te bedrängt und bedroht, doch die Kraft des Evan­ge­li­ums war stär­ker als jede Angst. Sie konn­ten nicht schwei­gen, weil das, was sie erfah­ren hat­ten, das Fun­da­ment ihres Seins gewor­den war. Auch heu­te bleibt die­ses Zeug­nis leben­dig – durch Pre­digt, durch Lie­der, durch per­sön­li­che Geschich­ten und durch das Leben der Gläu­bi­gen. Die Gemein­de wird zum Sprach­rohr Got­tes in einer Welt, die nach Wahr­heit und Hoff­nung dür­stet. Die Offen­ba­rung Got­tes in Chri­stus ist kein exklu­si­ves Geheim­nis, son­dern eine öffent­li­che Ein­la­dung: „Kommt und seht!“ (Johan­nes 1,39). Die Ver­kün­di­gung ruft zur Umkehr, zur Nach­fol­ge, zur Gemein­schaft mit dem leben­di­gen Gott. Wer hört und glaubt, wird hin­ein­ge­nom­men in das neue Leben, das durch Chri­stus mög­lich gewor­den ist. Des­halb ist Pre­digt nie blo­ße Rede – sie ist geist­li­che Bewe­gung, gött­li­che Initia­ti­ve, mensch­li­che Ant­wort.

Das Evan­ge­li­um ist Licht, das nicht unter einen Schef­fel gehört. Es muss leuch­ten, muss gehört, gese­hen, geglaubt und gelebt wer­den. Die Kir­che Jesu Chri­sti ist nicht nur Bewah­re­rin des Evan­ge­li­ums, son­dern vor allem sei­ne Botin. Die Wor­te der Apo­stel hal­len bis heu­te durch die Jahr­hun­der­te: Wir kön­nen und dür­fen nicht schwei­gen. Und so ist jeder Gläu­bi­ge beru­fen, die­se Wahr­heit wei­ter­zu­tra­gen – nicht aus Zwang, son­dern aus über­wäl­ti­gen­der Freu­de an der ret­ten­den Wahr­heit Got­tes.

„Dar­um geht zu allen Völ­kern und macht alle Men­schen zu mei­nen Jün­gern: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes, und lehrt sie, alles zu befol­gen, was ich euch gebo­ten habe. Und sie­he, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mat­thä­us 28,19–20). Die­ser Vers ist der zen­tra­le Auf­trag Jesu an sei­ne Jün­ger nach sei­ner Auf­er­ste­hung – ein Ruf zur welt­wei­ten Ver­kün­di­gung, zur Tau­fe und zur Leh­re. Er bil­det die Grund­la­ge für christ­li­che Mis­si­on und Evan­ge­li­sa­ti­on bis heu­te. Amen.