1.Johannes 1,4: “Und dies schreiben wir, auf dass unsere Freude vollkommen sei.”
Die Worte des Apostels Johannes klingen wie ein liebevoller Ruf an eine Gemeinschaft, die sich nach Wahrheit und innerer Verbundenheit sehnt. Johannes spricht hier nicht nur über Glaubensgrundlagen, sondern offenbart etwas zutiefst Persönliches und Bewegendes: Die Erfahrung mit Christus – das Erleben seiner Gegenwart, seiner Liebe, seiner Gnade – ist so überwältigend und befreiend, dass sie geteilt werden muss. Und im Teilen wächst die Freude. Die „vollkommene Freude“, von der Johannes spricht, ist keine oberflächliche, weltliche Freude, die auf Momenten des Glücks oder Erfolgs beruht. Es ist eine tiefe, geistliche Freude, die entsteht, wenn wir in Gemeinschaft stehen – mit Gott und miteinander.
Diese Freude trägt eine göttliche Qualität in sich: Sie ist nicht flüchtig, sondern dauerhaft. Sie entspringt dem Vertrauen darauf, dass Gottes Gegenwart uns im Innersten berührt und verändert. In Zeiten der Unsicherheit oder des Leids bleibt sie bestehen, weil sie nicht an äußere Umstände gebunden ist, sondern in der Verbundenheit mit dem Ewigen wurzelt. Sie wächst dort, wo Menschen ihr Herz füreinander öffnen, einander im Glauben stärken und gemeinsam das Licht Gottes suchen. Diese Freude ist wie ein Strom lebendigen Wassers, der aus der Quelle des Lebens fließt und uns durchdringt mit Frieden, Hoffnung und Liebe. Gerade in der Gemeinschaft der Glaubenden entfaltet sie ihre volle Kraft – wenn wir füreinander da sind, wenn wir miteinander beten, miteinander ringen, und miteinander feiern. Dann wird aus individueller Hoffnung ein kollektives Halleluja.
Wenn wir einander im Licht der Wahrheit begegnen, Schuld bekennen, Vergebung empfangen und im Glauben leben, dann entfaltet sich eine Freude, die unabhängig von äußeren Umständen besteht. Johannes schreibt mit einem pastoralen Herz, aus Liebe zur Gemeinschaft der Gläubigen. Sein Brief ist ein Zeugnis davon, dass der Glaube nicht isoliert gelebt wird, sondern in Beziehung und Verbundenheit. Die Freude, die aus dieser Verbundenheit entsteht, ist eine Freude, die vollkommen ist, weil sie im Licht Gottes steht.
Johannes spricht von einer Freude, die über das persönliche Glück hinausgeht – einer Freude, die sich entfaltet, wenn Menschen ihr Herz dem Evangelium öffnen. Es ist die Freude der Erlösung, wenn ein Mensch beginnt, Jesus zu vertrauen, seine Gnade anzunehmen und sein Leben in sein Licht zu stellen. Diese Freude ist nicht allein menschlich. Sie reicht hinein in den Himmel selbst. Denn in Lukas 15,10 sagt Jesus: „So sage ich euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen Sünder, der umkehrt zu Gott.“
Was für ein Bild! Der Himmel jubelt, wenn ein verlorener Mensch umkehrt und zum Vater zurückfindet. Diese himmlische Freude verbindet sich mit der Freude der Gläubigen auf der Erde. Sie wird vollkommen, wenn Menschen nicht nur das Evangelium hören, sondern es mit ihrem ganzen Sein ergreifen. Wenn sich Herz und Seele Gott zuwenden, beginnt eine neue Geschichte – eine Geschichte des Friedens, der Vergebung und der Hoffnung. In diesem Teilen der Frohen Botschaft entsteht eine Gemeinschaft der Freude. Denn wenn wir miteinander erfahren, wie Gottes Licht Dunkelheit vertreibt und wie seine Liebe selbst zerbrochene Herzen heilt, wächst eine Freude, die nichts und niemand nehmen kann. Es ist eine Freude, die aus der Wahrheit kommt – und Wahrheit ist das, was befreit.
„Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird“ (Lukas 2,10). Als Nachfolger Jesu tragen wir einen Schatz in uns – das Evangelium von der Rettung durch Christus. Doch dieser Schatz ist nicht zur Verbergung bestimmt. Er ist wie ein Licht, das nicht unter einen Scheffel gestellt wird (vgl. Matthäus 5,15), sondern hinausstrahlt in die Welt. Die Freude, die wir durch die Begegnung mit Jesus erfahren haben, will geteilt werden – nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Liebe und Dankbarkeit. Diese Freude ist nicht exklusiv, sondern inklusiv. Der Engel bei der Geburt Jesu spricht sie allen Menschen zu: „eine große Freude für das ganze Volk“.
Es ist die Freude über die Sündenrettung, über den Neubeginn, über Gottes Nähe – eine Freude, die jeder Mensch empfangen darf, wenn er sich dem Evangelium öffnet und beginnt, Jesus zu vertrauen.
Ein besonders berührendes Bild dieser Freude zeigt uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15,11–32): Der Vater hält Ausschau nach seinem Kind, und als er den Sohn in der Ferne sieht, läuft er ihm entgegen, voller Mitgefühl. Kein Tadel, kein Vorwurf – sondern ein Fest! Die Freude des Vaters kennt keine Grenzen, denn sein Sohn war verloren und ist nun wiedergefunden. Diese Szene spiegelt das Herz Gottes wider: ein Herz, das sich freut über jeden, der zurückkehrt, der umkehrt, der sich von der Gnade umarmen lässt.
Und so wird die himmlische Freude zur irdischen Realität – wenn wir als Glaubende diese Gnade leben, sie verkündigen und andere einladen, sich ebenfalls von ihr tragen zu lassen. Denn „es ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut“ (Lukas 15,10). Diese Freude ist nicht abstrakt – sie ist konkret, spürbar und lebendig.
Die Freude, von der die Heilige Schrift spricht, ist mehr als ein Gefühl – sie ist ein geistliches Erleben, das unser Innerstes durchdringt. Es ist die Freude der Erlösten, die in der Begegnung mit Jesus neue Hoffnung schöpfen. Sie beginnt im Herzen jedes Einzelnen, entfaltet sich in der Gemeinschaft der Glaubenden und reicht bis in die himmlischen Räume, wo Engel jauchzen über jeden, der umkehrt.
Als Träger dieser Botschaft sind wir eingeladen, nicht zu schweigen, sondern die Freude zu teilen: mutig, liebevoll und voller Erwartung. Wir sind nicht bloß Zuhörer des Evangeliums, sondern Mitwirkende an der größten aller Geschichten – der Geschichte von Rettung, Versöhnung und ewiger Hoffnung. Lasst uns die Frohe Botschaft weitertragen, wie der Engel in Bethlehem, wie der Vater im Gleichnis, wie Johannes in seinem Brief – mit offenen Armen, strahlendem Herzen und einem Lobpreis, der Himmel und Erde verbindet. Amen.