Lukas 13,22–30: “Und lehrend durchzog er nacheinander Städte und Dörfer und reiste nach Jerusalem. Es sprach aber jemand zu ihm: Herr, sind es wenige, die gerettet werden? Er aber sprach zu ihnen: Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen; denn viele, sage ich euch, werden hineinzugehen suchen und werden es nicht können. Sobald der Hausherr aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat und ihr anfangen werdet, draußen zu stehen und an der Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, öffne uns!, wird er antworten und zu euch sagen: Ich kenne euch nicht ⟨und weiß nicht⟩, woher ihr seid. Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf unseren Straßen hast du gelehrt. Und er wird sagen: Ich sage euch, ich kenne euch nicht ⟨und weiß nicht⟩, woher ihr seid. Weicht von mir, alle ihr Übeltäter! Da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham und Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sehen werdet, euch aber draußen hinausgeworfen. Und sie werden kommen von Osten und Westen und von Norden und Süden und zu Tisch liegen im Reich Gottes. Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden.”
Während Jesus auf dem Weg nach Jerusalem lehrt, macht er deutlich, dass der Zugang zum Reich Gottes kein Selbstläufer ist, sondern eine bewusste Entscheidung und ein aktiver Lebensweg, der durch die enge Tür führt – ein Bild für die Herausforderung, Gottes Willen zu tun – und warnt davor, sich auf äußere Nähe oder religiöse Gewohnheit zu verlassen, denn am Ende werden viele überrascht sein, wer eingelassen wird und wer draußen bleibt, da Gottes Maßstäbe oft anders sind als menschliche Erwartungen.
Lukas 13, 23–24: “Es sprach aber jemand zu ihm: Herr, sind es wenige, die gerettet werden? Er aber sprach zu ihnen: Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen; denn viele, sage ich euch, werden hineinzugehen suchen und werden es nicht können.”
Die Frage, ob nur wenige gerettet werden, entspringt einem menschlichen Bedürfnis nach Klarheit, Sicherheit und vielleicht auch Abgrenzung. Doch Jesus antwortet nicht mit einer Zahl oder einer direkten Bestätigung, sondern mit einem eindringlichen Appell: „Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen.“ Damit lenkt er den Blick weg von spekulativer Neugier hin zur persönlichen Verantwortung. Die enge Pforte steht sinnbildlich für den Weg der Nachfolge, der nicht bequem, breit oder selbstverständlich ist, sondern Mühe, Hingabe und Entschiedenheit verlangt. Sie fordert den Glaubenden heraus, sich nicht mit einem oberflächlichen Bekenntnis zufriedenzugeben, sondern den Glauben als Lebenshaltung zu begreifen, die den Alltag durchdringt. In diesem Licht wird das laue Christentum zur Gefahr: ein Glaube, der sich in Routine erschöpft, der keine Leidenschaft kennt, keine Bereitschaft zur Umkehr, keine Sehnsucht nach Heiligkeit. Es ist ein Christentum, das sich anpasst, statt zu bezeugen, das schweigt, wo es reden sollte, und bequem wird, wo es unbequem sein müsste.
Auch die Kirche ist nicht ausgenommen von dieser Mahnung. Eine laue Kirche verliert ihre prophetische Stimme, ihre Strahlkraft, ihre geistliche Tiefe. Sie wird zur Institution ohne inneres Feuer, zur Versammlung ohne Sendung. Wenn die Kirche sich mehr um ihre äußere Form als um die innere Erneuerung bemüht, wenn sie sich dem Zeitgeist unterordnet, statt dem Geist Gottes zu folgen, dann verfehlt sie ihren Auftrag. Die enge Pforte erinnert uns daran, dass das Reich Gottes nicht durch Gleichgültigkeit oder bloße Zugehörigkeit betreten wird, sondern durch das Ringen um Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe. Jesus ruft nicht zur Lauheit, sondern zur Leidenschaft. Er ruft nicht zur Anpassung, sondern zur Umkehr.
Wer durch die enge Pforte gehen will, muss bereit sein, sich selbst zu hinterfragen, sich von Gott formen zu lassen und den Weg der Nachfolge auch dann zu gehen, wenn er steinig ist.
Das ist kein Weg der Perfektion, aber ein Weg der Hingabe. Und nur wer diesen Weg geht, wird erfahren, dass die enge Pforte nicht ins Dunkel führt, sondern in das Licht des Lebens. Es ist ein Ruf zur aktiven Lebensgestaltung im Glauben, zur Umkehr und zur Bereitschaft, Gottes Willen über den eigenen zu stellen. Die Warnung, dass viele versuchen werden hineinzugehen und es nicht können, ist keine Drohung, sondern eine ernste Mahnung:
Es genügt nicht, sich äußerlich mit dem Glauben zu umgeben oder sich auf religiöse Zugehörigkeit zu verlassen. Ebenso wenig reicht es aus, die Bibel zu kennen, sich theologisches Wissen anzueignen oder Bibelverse rauf und runter zu zitieren. Denn der Glaube ist kein intellektuelles Konzept, keine Sammlung von Informationen, sondern eine lebendige Beziehung zu Gott, die das Herz verwandelt und das Leben durchdringt. Wer sich allein auf sein Wissen stützt, läuft Gefahr, das Evangelium zu analysieren, aber nicht zu leben; die Worte Jesu zu erklären, aber ihnen nicht zu folgen. Die enge Pforte, von der Jesus spricht, lässt sich nicht mit Argumenten durchschreiten, sondern mit Demut, Gehorsam und Hingabe.
Es ist möglich, alles über Gott zu wissen und ihn dennoch nicht zu kennen. Es ist möglich, die Schrift zu studieren und doch das Herz verschlossen zu halten.
Der wahre Zugang zum Reich Gottes liegt nicht im bloßen Verstehen, sondern im Vertrauen, nicht im Reden, sondern im Tun. Die Heilige Schrift selbst warnt davor, nur Hörer des Wortes zu sein und nicht Täter. Ein Glaube, der sich in theologischer Präzision verliert, aber keine Frucht bringt, ist wie ein Baum voller Blätter, aber ohne Frucht. Die enge Pforte verlangt mehr als religiöse Fassade – sie verlangt ein Leben, das sich von Christus formen lässt, das bereit ist, sich selbst zu verleugnen und das Kreuz auf sich zu nehmen. Es ist ein Weg, der nicht durch Leistung, sondern durch Liebe geprägt ist. Und diese Liebe zeigt sich nicht in Worten, sondern in Taten: in Barmherzigkeit, in Vergebung, in der Bereitschaft, sich selbst zurückzunehmen, damit Gottes Wille geschehe.
Das Wort Jesu „Ringt danach, durch die enge Pforte hineinzugehen“ ist kein sanfter Hinweis, sondern ein leidenschaftlicher Aufruf zur Entschiedenheit. Es bedeutet: Christsein ist kein Spaziergang auf einem breiten, bequemen Weg, sondern ein aktiver, oft herausfordernder Lebensstil, der echte Nachfolge verlangt. Die enge Pforte steht für den Eintritt in das Reich Gottes – aber nicht durch bloße Zugehörigkeit, sondern durch gelebte Hingabe. Christsein ist mehr als ein Etikett! Es reicht nicht, sich „Christ“ zu nennen oder sonntags in der Kirche zu sitzen. Die Nachfolge Christi verlangt ein Leben, das sich an seinem Wort orientiert – auch wenn es gegen den Strom geht. Nachfolge ist ein täglicher Kampf gegen Bequemlichkeit! „Ringen“ bedeutet: Es kostet Kraft, Überwindung und manchmal auch Verzicht. Es heißt, sich selbst zu verleugnen, eigene Wünsche zurückzustellen und Gottes Willen über den eigenen zu stellen. Liebe als Maßstab! Die enge Pforte lässt sich nicht mit Leistung durchschreiten, sondern mit gelebter Liebe. Wer Christus nachfolgt, lebt nicht für sich selbst, sondern für andere – in Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Vergebung. Es bedeutet, sich selbst zurückzunehmen, die eigenen Wünsche, Sicherheiten und sogar das eigene Leben dem Willen Gottes unterzuordnen – aus einer Liebe heraus, die bereit ist, alles zu verlieren, um in ihm alles zu gewinnen. Geistliche Wachsamkeit statt religiöser Routine! Die Gefahr lauert in der Lauheit: ein Glaube, der sich mit oberflächlicher Frömmigkeit begnügt, aber keine Frucht bringt. Jesus ruft zur Wachsamkeit, zur inneren Umkehr und zur echten Beziehung mit ihm. Das Kreuz gehört dazu! Nachfolge bedeutet auch, das Kreuz auf sich zu nehmen – nicht als Symbol, sondern als Bereitschaft, Leid, Ablehnung oder Unverständnis zu tragen, wenn man für Christus einsteht.
Die enge Pforte ist kein Hindernis, sondern ein Prüfstein. Sie zeigt, ob unser Glaube echt ist, ob wir bereit sind, uns formen zu lassen, ob wir Christus nicht nur bewundern, sondern ihm wirklich folgen. Wer durch sie geht, findet nicht Enge, sondern Weite – nicht Einschränkung, sondern Freiheit in der Wahrheit.
Lukas 13,25: “Sobald der Hausherr aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat und ihr anfangen werdet, draußen zu stehen und an der Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, öffne uns!, wird er antworten und zu euch sagen: Ich kenne euch nicht ⟨und weiß nicht⟩, woher ihr seid.”
Diese Worte Jesu sind von erschütternder Klarheit und Tiefe. Sie sprechen von einem Moment, der endgültig ist: Der Hausherr steht auf, verschließt die Tür – und wer draußen bleibt, bleibt draußen. Es ist ein Bild für das Gericht, für den Augenblick, in dem die Zeit der Gnade endet. Die Menschen, die draußen stehen, klopfen, rufen, bitten: „Herr, öffne uns!“
Doch die Antwort ist ernüchternd und schmerzhaft: „Ich kenne euch nicht und weiß nicht, woher ihr seid.“ Diese Szene ist nicht etwa eine willkürliche Zurückweisung, sondern eine Konsequenz. Sie zeigt, dass es möglich ist, sich lange in der Nähe des Glaubens und in der Nähe Jesu aufzuhalten, ohne wirklich Teil davon zu sein. Es ist möglich, religiöse Worte zu kennen, christliche Gemeinschaft zu erleben, aber dennoch das Herz verschlossen zu halten. Die Tür, die hier verschlossen wird, ist nicht nur eine äußere Grenze – sie ist Ausdruck einer inneren Entscheidung, die über Jahre hinweg getroffen oder versäumt wurde.
Viele leben in der Illusion, sie hätten noch Zeit – Zeit, um sich zu entscheiden, Zeit, um umzukehren, Zeit, um sich Gott zuzuwenden. Doch das Leben ist zerbrechlich, und niemand kennt den Tag oder die Stunde, an dem es endet. Die Entscheidung für Christus wird aufgeschoben, verdrängt, vertagt – als wäre die Gnade ein unbegrenztes Gut, das jederzeit verfügbar bleibt. Doch plötzlich kann der Moment kommen, in dem wir vor dem Herrn stehen, und dann zählt nicht mehr, was wir wussten oder geplant hatten, sondern ob wir die Zeit der Gnade genutzt haben. Wer die Einladung Gottes ignoriert, läuft Gefahr, vor verschlossener Tür zu stehen – nicht, weil Gott nicht offen war, sondern weil wir nicht bereit waren. Die Zeit zur Umkehr ist jetzt. Die Tür steht offen, aber sie bleibt nicht ewig offen. Wer heute hört, sollte heute antworten – mit einem Herzen, das sich nicht auf morgen verlässt, sondern sich heute von der Liebe Gottes verwandeln lässt.
Jesus warnt davor, die Einladung Gottes auf die leichte Schulter zu nehmen. Nochmals: Die Zeit der offenen Tür ist jetzt. Die Gnade ist gegenwärtig, das Reich Gottes steht offen – aber nicht unbegrenzt. Die verschlossene Tür ist nicht Ausdruck von Lieblosigkeit, sondern von Gerechtigkeit. Sie macht deutlich, dass Nachfolge nicht bloßes Mitlaufen ist, sondern eine bewusste, gelebte Beziehung zu Christus. Wer ihn kennt, wird erkannt. Wer ihn nur von außen betrachtet, bleibt fremd. Die Worte „Ich kenne euch nicht“ sind nicht nur eine Feststellung, sondern eine Offenbarung: Sie zeigen, dass Gott nicht nach äußeren Leistungen urteilt, sondern nach dem Herzen. Es genügt nicht, sich auf vergangene Begegnungen oder religiöse Gewohnheiten zu berufen. Es braucht ein Leben, das in der Gegenwart Gottes verwurzelt ist, das Frucht bringt, das sich formen lässt.
Diese Verse sind ein Ruf zur Umkehr, zur Ernsthaftigkeit, zur Entscheidung. Sie erinnern uns daran, dass die Tür zum Leben offen steht – aber dass sie nicht ewig offen bleibt. Wer heute hört, soll heute antworten. Denn wenn der Hausherr aufsteht und die Tür schließt, wird nicht mehr das Klopfen zählen, sondern die Frage: Warst du wirklich bei ihm? Hast du ihn wirklich geliebt? Hast du dich von ihm erkennen lassen?
Lukas 13,26: “Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf unseren Straßen hast du gelehrt.”
Lukas 13,26 ist wie ein Spiegel, den Jesus uns hinhält – ein Spiegel, der nicht nur einzelne Gläubige, sondern die Kirche als Ganzes reflektiert. „Wir haben vor dir gegessen und getrunken…“ – das klingt wie eine Verteidigung, ein Versuch, Nähe zu behaupten, Gemeinschaft zu reklamieren. Doch es ist eine oberflächliche Nähe, eine Nähe des Konsums, nicht der Hingabe. Heute erleben wir eine Kirche, die oft mehr Eventraum als Heiligtum ist. Menschen kommen, wenn es etwas zu essen gibt, wenn Gemeinschaft lockt, wenn das Programm stimmt. Kirchenkaffee, Brunch nach dem Gottesdienst, Grillfeste – all das hat seinen Platz, aber es darf nicht der einzige Grund sein, warum wir kommen. Wenn die Begegnung mit Christus zur Nebensache wird und das leibliche Wohl im Vordergrund steht, dann haben wir den Sinn der Gnade verfehlt.
Jesus lehrte auf unseren Straßen – auch das sagen sie. Und ja, auch heute wird gepredigt, gelehrt, diskutiert. Aber hören wir wirklich zu? Oder lassen wir uns berieseln, nicken zustimmend, ohne dass unser Herz sich bewegt? Die Zeit der Gnade ist nicht unbegrenzt. Es wird der Moment kommen, an dem Worte nicht mehr genügen, an dem unsere Ausreden verstummen. Dann zählt nicht, ob wir dabei waren, sondern ob wir verwandelt wurden. Ob wir Jesus nicht nur gesehen, sondern erkannt haben. Ob wir nicht nur gegessen, sondern vom Brot des Lebens genährt wurden. Die Kirche muss wieder ein Ort der Umkehr werden, nicht nur der Begegnung. Ein Ort, an dem Menschen nicht nur kommen, um zu empfangen, sondern um sich hinzugeben. Die Gnade ist da – aber sie verlangt eine Antwort. Nicht morgen, nicht irgendwann. Heute.
Lukas 13, 27: “Und er wird sagen: Ich sage euch, ich kenne euch nicht ⟨und weiß nicht⟩, woher ihr seid. Weicht von mir, alle ihr Übeltäter!”
„Ich kenne euch nicht… Weicht von mir, alle ihr Übeltäter!“ – Diese Worte Jesu sind wie ein Donnerschlag in eine religiöse Selbstsicherheit hinein, die sich auf Äußerlichkeiten verlässt. Es ist ein Urteil, das nicht aus Härte, sondern aus Wahrheit gesprochen wird. Und gerade diese Wahrheit wird heute in vielen Kirchen kaum noch verkündet. Man spricht lieber von Liebe, Annahme, Gemeinschaft – alles wichtige Aspekte des Evangeliums, doch ohne die klare Botschaft von Umkehr, Buße und Heiligung wird das Evangelium verwässert. Die Vorstellung, dass Jesus Menschen abweisen könnte, die sich selbst für gläubig halten, widerspricht dem modernen Bild eines „lieben Gottes“, der alles toleriert und niemanden ausschließt. Doch die Heilige Schrift ist eindeutig: Es gibt eine Trennung zwischen denen, die Christus wirklich kennen – und denen, die ihn nur von außen betrachtet haben.
Heute wird oft gepredigt, dass der Glaube bequem sein muss, dass Gott unsere Bedürfnisse stillt und unsere Wünsche erfüllt. Doch Jesus spricht hier nicht zu Ungläubigen, sondern zu Menschen, die sich sicher waren, zu ihm zu gehören. Sie haben ihn gehört, sie waren in seiner Nähe, sie haben gegessen und getrunken – und doch sagt er: „Ich kenne euch nicht.“ Das ist eine ernste Warnung an alle, die glauben, dass religiöse Routine, Kirchenbesuch und christliche Kultur genügen. Es geht nicht um äußere Zugehörigkeit, sondern um innere Verwandlung. Um ein Leben, das Frucht bringt. Um ein Herz, das sich wirklich Christus unterordnet.
Diese Botschaft ist unbequem. Sie fordert heraus. Sie konfrontiert. Und genau deshalb wird sie oft gemieden. Doch wer das Evangelium verkündet, ohne die Konsequenzen der Ablehnung zu benennen, predigt nicht das volle Evangelium. Die Gnade ist groß, aber sie ist nicht billig. Sie wurde teuer erkauft – mit dem Blut Christi. Und sie verlangt eine Antwort, ein Leben in Hingabe, nicht bloß in religiöser Nähe. Die Kirche muss wieder den Mut finden, diese Wahrheit auszusprechen. Nicht aus Angst, sondern aus Liebe. Denn nur wer die Wahrheit kennt, kann frei werden. Und nur wer sich von Christus wirklich erkennen lässt, wird am Ende nicht hören müssen: „Ich kenne dich nicht.“
Lukas 13,28–29: “Da wird das Weinen und das Zähneknirschen sein, wenn ihr Abraham und Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sehen werdet, euch aber draußen hinausgeworfen. Und sie werden kommen von Osten und Westen und von Norden und Süden und zu Tisch liegen im Reich Gottes.”
Diese Worte Jesu sind nicht nur eine prophetische Warnung – sie sind ein Weckruf an eine selbstzufriedene Generation von Gläubigen. Das Bild ist erschütternd: Menschen, die sich sicher glaubten, Teil des Reiches Gottes zu sein, stehen plötzlich draußen. Sie sehen Abraham, Isaak, Jakob und die Propheten – jene, die sie in ihren Liedern besungen und in ihren Predigten zitiert haben – und doch sind sie selbst ausgeschlossen. Das Weinen und Zähneknirschen ist nicht nur Ausdruck von Schmerz, sondern von tiefer Erkenntnis: Die Zeit der Gnade wurde verspielt, die Einladung zum Reich Gottes ignoriert oder oberflächlich angenommen. Es ist die Tragik eines Glaubens, der sich auf Tradition, Kultur oder Zugehörigkeit stützt, aber nicht auf echte Umkehr und Nachfolge.
Und während sie draußen stehen, kommen andere – von Osten und Westen, von Norden und Süden. Menschen, die vielleicht nie in einer Kirche saßen, nie Teil einer religiösen Elite waren, aber deren Herzen offen waren für die Wahrheit. Sie haben die Einladung gehört und angenommen. Sie haben sich dem Ruf Gottes gebeugt, oft unter großen persönlichen Opfern. Und sie werden zu Tisch liegen im Reich Gottes – nicht als Gäste zweiter Klasse, sondern als Erben der Verheißung. Diese Szene ist eine Mahnung an die Kirche heute. Wir dürfen nicht glauben, dass unsere äußere Nähe zu religiösen Strukturen uns automatisch einen Platz im Reich Gottes sichert.
Es geht nicht darum, ob wir uns Christen nennen, weil wir einmal getauft wurden oder regelmäßig in der Kirche erscheinen. Der Name allein rettet nicht. Die Gewohnheit, sonntags einen Gottesdienst zu besuchen, ersetzt keine lebendige Beziehung zu Christus. Das bloße „Dabei sein“ – sei es in kirchlichen Strukturen, in christlichen Kreisen oder durch religiöse Rituale – ist kein Garant für das ewige Leben. Gott sieht nicht auf unsere Etiketten, sondern auf unser Herz. Die Taufe ist ein heiliges Zeichen, ein Anfang, aber kein Freifahrtschein. Sie ist eine Einladung zur Nachfolge, nicht ein Abschlussdiplom.
Viele leben in einer religiösen Komfortzone. Man kennt die Lieder, hört die Predigten, spricht die richtigen Worte – aber das Herz bleibt unberührt. Es fehlt die echte Umkehr, die tägliche Hingabe, das Kreuztragen. Jesus hat nie dazu aufgerufen, sich nur als Christ zu bezeichnen. Er ruft dazu auf, ihm nachzufolgen – mit allem, was wir sind. Das bedeutet, unser Leben ihm zu unterstellen, unsere Prioritäten zu verändern, unsere Selbstsicherheit aufzugeben und uns von seinem Geist erneuern zu lassen. Die Kirche muss aufhören, Menschen in Sicherheit zu wiegen, nur weil sie getauft sind oder sich christlich nennen. Die Frage ist nicht, ob wir dazugehören – sondern ob wir verwandelt wurden. Ob unser Leben Frucht bringt. Ob wir das Licht der Welt sind, das Jesus in uns entzünden will. Die Zeit der Gnade ist jetzt. Und sie ruft uns nicht zur Passivität, sondern zur Entscheidung. Nicht zur bloßen Zugehörigkeit, sondern zur echten Nachfolge.
Die Gnade Gottes ist weit – sie reicht bis an die Enden der Erde. Aber sie ist nicht beliebig. Sie verlangt eine Antwort. Eine Entscheidung. Eine Umkehr.
Lukas 13,30: “Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden.”
Diese Worte Jesu sind wie ein Wendepunkt in der gesamten Rede über das Reich Gottes. „Und siehe, es sind Letzte, die Erste sein werden, und es sind Erste, die Letzte sein werden“ – ein Satz, der die Maßstäbe dieser Welt auf den Kopf stellt und die göttliche Ordnung offenbart, die so oft im Widerspruch zur menschlichen Erwartung steht. In Gottes Reich zählt nicht Ansehen, Herkunft, Bildung oder religiöse Tradition. Es zählt das Herz, die Bereitschaft zur Umkehr, die Demut, sich von Gott führen zu lassen. Die Letzten – jene, die übersehen, verachtet, ausgeschlossen wurden – werden erhöht. Und die Ersten – jene, die sich sicher glaubten, die sich auf ihre Stellung, ihr Wissen oder ihre religiöse Routine verließen – werden zurückgesetzt.
Diese Umkehrung ist nicht willkürlich, sondern gerecht. Sie zeigt, dass Gott nicht nach äußeren Kriterien urteilt, sondern nach der inneren Haltung. “Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt; wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht” (Matthäus 23,12). Es ist eine Warnung an alle, die sich ihrer Position sicher sind, die glauben, sie hätten Anspruch auf das Reich Gottes. Und es ist eine Hoffnung für alle, die sich klein fühlen, die kämpfen, die sich nach Gnade sehnen. Die Letzten werden Erste sein – nicht, weil sie besser sind, sondern weil sie sich ganz auf Gottes Barmherzigkeit verlassen.
Diese Worte fordern die Kirche heraus, ihre eigenen Maßstäbe zu hinterfragen. Sie rufen dazu auf, nicht nach Rang, nicht nach dem Zeitgeist, Einfluss oder Tradition zu urteilen, sondern nach der Frucht des Glaubens. Sie erinnern uns daran, dass Gottes Blick tiefer reicht als unsere Strukturen. Und sie laden jeden Einzelnen ein, sich nicht auf das „Erste“ zu verlassen – sondern bereit zu sein, sich als „Letzter“ zu erkennen, um von Gott erhöht zu werden.
„Ringet darum, dass ihr durch die enge Pforte eingeht; denn viele, sage ich euch, werden danach trachten, wie sie hineinkommen, und werden es nicht können.“
Die Aufforderung „Pass also auf, dass du hineinkommst!“ ist wie ein Weckruf – eine Mahnung zur Wachsamkeit, zur Umkehr und zur Entschlossenheit. Es geht nicht um ein beiläufiges Interesse am Reich Gottes, sondern um ein ernsthaftes Ringen, ein bewusstes Leben in der Nachfolge Christi. Die „enge Pforte“ steht für den Weg der Demut, der Hingabe, der Wahrheit – und nicht für den breiten Weg der Selbstgerechtigkeit oder Gleichgültigkeit. Jesus spricht diese Worte im Kontext einer Frage: „Herr, sind es wenige, die gerettet werden?“ Und statt eine Zahl zu nennen, richtet er den Blick auf die persönliche Verantwortung: „Du – pass auf! Du – ringe darum!“ Es ist eine Einladung, aber auch eine Warnung. Denn es gibt kein automatisches „Hineinkommen“ durch Abstammung, Tradition oder äußere Frömmigkeit. Es braucht ein Herz, das sich Gott öffnet, das bereit ist, sich verändern zu lassen. Amen.