Die End­zeit: Drang­sal, Ver­füh­rung und Got­tes War­nung!

End­zeit­re­de: Tem­pel­zer­stö­rung und Bedräng­nis der End­zeitMar­kus 13, 1–23

“Und als er aus dem Tem­pel her­aus­trat, sagt einer sei­ner Jün­ger zu ihm: Leh­rer, sieh, was für Stei­ne und was für Gebäu­de! Und Jesus sprach zu ihm: Siehst du die­se gro­ßen Gebäu­de? Hier wird nicht ein Stein auf dem ande­ren gelas­sen wer­den, der nicht abge­bro­chen wer­den wird. Und als er auf dem Ölberg dem Tem­pel gegen­über­saß, frag­ten ihn Petrus und Jako­bus und Johan­nes und Andre­as für sich allein: Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zei­chen, wann dies alles voll­endet wer­den soll?” “Vie­le wer­den unter mei­nem Namen kom­men und sagen: Ich bin’s! Und sie wer­den vie­le ver­füh­ren. Wenn ihr aber von Krie­gen und Kriegs­ge­rüch­ten hören wer­det, so erschreckt nicht! Es muss gesche­hen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich Nati­on gegen Nati­on und König­reich gegen König­reich erhe­ben; es wer­den Erd­be­ben sein an ver­schie­de­nen Orten, es wer­den Hun­gers­nö­te sein. Dies ist der Anfang der Wehen. Ihr aber, seht auf euch selbst! Euch wer­den sie an Gerich­te über­lie­fern, und in den Syn­ago­gen wer­det ihr geschla­gen wer­den, und ihr wer­det vor Statt­hal­ter und Köni­ge gestellt wer­den um mei­net­wil­len, ihnen zu einem Zeug­nis; und allen Natio­nen muss vor­her das Evan­ge­li­um gepre­digt wer­den. Und wenn sie euch hin­füh­ren, um euch zu über­lie­fern, so sorgt euch vor­her nicht, was ihr reden sollt, son­dern was euch in jener Stun­de gege­ben wird, das redet! Denn nicht ihr seid die Reden­den, son­dern der Hei­li­ge Geist. Und es wird der Bru­der den Bru­der zum Tod über­lie­fern und der Vater das Kind; und Kin­der wer­den sich gegen Eltern erhe­ben und sie zu Tode brin­gen. Und ihr wer­det von allen gehasst wer­den um mei­nes Namens wil­len; wer aber aus­harrt bis ans Ende, der wird geret­tet wer­den. Wenn ihr aber den Gräu­el der Ver­wü­stung ste­hen seht, wo er nicht soll­te – wer es liest, mer­ke auf! –, dann sol­len die in Judäa auf die Ber­ge flie­hen; wer auf dem Dach ist, soll nicht hin­ab­stei­gen und nicht hin­ein­ge­hen, um etwas aus sei­nem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, soll nicht zurück­keh­ren, um sei­nen Man­tel zu holen. Wehe aber den Schwan­ge­ren und den Stil­len­den in jenen Tagen! Betet aber, dass es nicht im Win­ter gesche­he! Denn jene Tage wer­den eine Bedräng­nis sein, wie sie von Anfang der Schöp­fung, die Gott geschaf­fen hat, bis jetzt nicht gewe­sen ist und nicht sein wird. Und wenn nicht der Herr die Tage ver­kürzt hät­te, wür­de kein Fleisch geret­tet wer­den; aber um der Aus­er­wähl­ten wil­len, die er aus­er­wählt hat, hat er die Tage ver­kürzt. Und wenn dann jemand zu euch sagt: Sie­he, hier ist der Chri­stus! Sie­he dort!, so glaubt nicht! Es wer­den aber fal­sche Chri­stus­se und fal­sche Pro­phe­ten auf­ste­hen und wer­den Zei­chen und Wun­der tun, um, wenn mög­lich, die Aus­er­wähl­ten zu ver­füh­ren. Ihr aber, seht zu! Ich habe euch alles vor­her­ge­sagt.”

Wenn der Herr Jesus in die­sem Kapi­tel über die letz­ten Din­ge spricht, tut Er das nicht abstrakt oder distan­ziert. Er rich­tet sich an sei­ne Jün­ger – nicht nur als Zuhö­rer, son­dern als Die­ner. Das Evan­ge­li­um, in des­sen Rah­men die­se Rede steht, betont den Dienst, die Hin­ga­be und die Treue. Des­halb sind die Wor­te Jesu hier nicht nur pro­phe­tisch, son­dern auch prak­tisch: Sie sind Weg­wei­sung für Die­ner Got­tes in Zei­ten gro­ßer Drang­sal. Jesus warnt sei­ne Jün­ger vor dem kom­men­den Gericht, das über das gelieb­te Volk Isra­el kom­men wird – ein Gericht, das nicht will­kür­lich ist, son­dern die Fol­ge eines lan­gen Weges der Sün­de und des Wider­stan­des gegen Got­tes Wil­len. Doch sei­ne War­nung ist nicht nur Mah­nung, son­dern auch Trost. Wenn die ange­kün­dig­ten Ereig­nis­se ein­tref­fen, wer­den sie zum Beweis der Wahr­heit sei­ner Wor­te und zur Ermu­ti­gung für die Her­zen derer, die Ihm fol­gen.

Der Aus­lö­ser für die­se tief­grei­fen­de Rede ist schein­bar unschein­bar: eine Bemer­kung eines Jün­gers über den Tem­pel. Jesus ver­lässt den Tem­pel – ein sym­bo­li­scher Akt. Er kehrt dem reli­giö­sen System den Rücken, das sich von Got­tes Herz ent­fernt hat. Doch ein Jün­ger bleibt ste­hen, blickt zurück und bewun­dert die Grö­ße und Pracht des Tem­pels. Für ihn ist der Tem­pel das Haus Got­tes, das Zen­trum des geist­li­chen Lebens und des Dien­stes. Die­se Reak­ti­on gibt dem Herrn Gele­gen­heit, eine tie­fe­re Wahr­heit zu offen­ba­ren. Er zeigt, wie Gott über den geist­li­chen Zustand sei­nes Vol­kes denkt – und über die äuße­ren For­men, die oft mehr Schein als Sein sind. Auch heu­te kön­nen Kir­chen­ge­bäu­de beein­druckend sein, archi­tek­to­ni­sche Mei­ster­wer­ke, Orte der Bewun­de­rung. Doch Gott sieht tie­fer. Er rich­tet nicht nach dem äuße­ren Glanz, son­dern nach dem geist­li­chen Zustand. Offen­ba­rung 18,21 zeigt uns das am Bei­spiel des gro­ßen Baby­lons – ein System, das äußer­lich mäch­tig, aber inner­lich gott­los ist: “Und ein star­ker Engel hob einen Stein auf wie einen gro­ßen Mühl­stein und warf ihn ins Meer und sprach: So wird Baby­lon, die gro­ße Stadt, mit Gewalt nie­der­ge­wor­fen und nie mehr gefun­den wer­den.”

Jesus greift die Bemer­kung sei­nes Jün­gers auf – nicht um sie zu bestä­ti­gen, son­dern um sie zu hin­ter­fra­gen. Er wie­der­holt sie teil­wei­se als Fra­ge, um sei­ne Jün­ger in das kom­men­de Gespräch ein­zu­be­zie­hen. Dann spricht Er klar und ohne Umschwei­fe: „Es wird kein Stein auf dem ande­ren blei­ben.“ Eine Aus­sa­ge, die wie ein Don­ner­schlag wirkt. Für die Jün­ger ist das ein Schock. Sie ver­bin­den den Tem­pel mit der Gegen­wart Got­tes, mit der Aner­ken­nung Isra­els als Got­tes Volk. Sie den­ken noch immer, dass ihr Mei­ster bald sein Reich auf­rich­ten wird – und der Tem­pel dar­in eine zen­tra­le Rol­le spie­len wird. Doch Jesus öff­net ihnen die Augen für eine ande­re Rea­li­tät. Das Gericht wird kom­men – und es wird auch die reli­giö­sen Struk­tu­ren nicht ver­scho­nen. Nur weni­ge Jahr­zehn­te spä­ter wird sich die­se Pro­phe­zei­ung erfül­len. Der Tem­pel wird zer­stört, und mit ihm das System, das sich von Got­tes Herz ent­fernt hat.

Die­se Wor­te Jesu sind nicht nur histo­ri­sche Pro­phe­zei­ung. Sie sind auch eine geist­li­che Lek­ti­on für uns heu­te. Sie erin­nern uns dar­an, dass äuße­re For­men kei­nen Bestand haben, wenn das Herz nicht bei Gott ist. Sie for­dern uns her­aus, nicht auf das Sicht­ba­re zu ver­trau­en, son­dern auf das Unsicht­ba­re – auf Got­tes Wahr­heit, sei­ne Gegen­wart und sei­ne Wege. Wenn wir heu­te Kir­chen bewun­dern, Struk­tu­ren fei­ern oder Tra­di­tio­nen hoch­hal­ten, soll­ten wir uns fra­gen: Ist Gott wirk­lich in unse­rer Mit­te? Oder haben wir – wie damals – ein System auf­ge­baut, das schön aus­sieht, aber geist­lich leer ist? Jesu Wor­te sind eine Ein­la­dung zur Umkehr, zur Wach­sam­keit und zur Treue – beson­ders in Zei­ten der Drang­sal. Denn wer auf Ihn hört, wird nicht erschüt­tert, wenn die Stei­ne fal­len.

Mar­kus 13, 3–4: Und als er auf dem Ölberg dem Tem­pel gegen­über­saß, frag­ten ihn Petrus und Jako­bus und Johan­nes und Andre­as für sich allein: Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zei­chen, wann dies alles voll­endet wer­den soll?”

Mar­kus 13 beginnt mit einer Sze­ne von gro­ßer geist­li­cher Bedeu­tung. Der Herr Jesus hat den Tem­pel ver­las­sen und nimmt nun Platz auf dem Ölberg – gegen­über dem Tem­pel. Die­se Posi­ti­on ist kein Zufall. Sie ist sym­bo­lisch und pro­phe­tisch zugleich. Der Ölberg liegt erhöht, öst­lich von Jeru­sa­lem, getrennt von der Stadt durch den Bach Kidron. Es ist ein Ort der Distanz und zugleich der Über­sicht. Von hier aus blickt man auf das Zen­trum des jüdi­schen Glau­bens – den Tem­pel – und erkennt des­sen wah­re geist­li­che Lage. Jesus sitzt. Er ist nicht in Eile, nicht auf­ge­wühlt. Sei­ne Hal­tung ist die eines Leh­rers, eines Pro­phe­ten, eines Königs in Ruhe. Aus die­ser Ruhe her­aus beginnt Er, sei­nen Jün­gern tie­fe Ein­blicke in Got­tes Plä­ne zu geben. Es ist bemer­kens­wert, dass Er nicht vor der Men­ge spricht, son­dern im ver­trau­ten Kreis – Petrus, Jako­bus, Johan­nes und Andre­as. Zwei­mal zwei Brü­der, die Ihm nahe ste­hen, fra­gen Ihn „für sich allein“. Es ist ein inti­mer Moment, ein hei­li­ger Raum für Offen­ba­rung.

Die Jün­ger stel­len zwei Fra­gen: „Wann wird das sein?“ und „Was ist das Zei­chen?“ Die­se Fra­gen sind typisch jüdisch. Sie suchen nach zeit­li­chen Abläu­fen und nach äuße­ren Zei­chen, die das Kom­men Got­tes bestä­ti­gen. Ihre Denk­wei­se ist geprägt von der Erwar­tung eines sicht­ba­ren Rei­ches, eines mes­sia­ni­schen Durch­bruchs, der sich an kon­kre­ten Ereig­nis­sen fest­ma­chen lässt. Doch Jesus ant­wor­tet nicht mit einem Kalen­der oder einem Fahr­plan. Er gibt ihnen einen geist­li­chen Über­blick, einen pro­phe­ti­schen Unter­richt, der weit über ihre unmit­tel­ba­re Erwar­tung hin­aus­geht. Er spricht über Ent­wick­lun­gen, über Prü­fun­gen, über das, was kom­men muss – und über das, was bleibt.

Der Ort, an dem die­se Rede geschieht, ist vol­ler Bedeu­tung. Vom Ölberg aus kam die Ese­lin, die Jesus in Jeru­sa­lem ein­führ­te – ein Bild des Königs, der in Sanft­mut kommt (Mar­kus 11,1). Am Fuß des Ölbergs liegt Geth­se­ma­ne, der Ort des Rin­gens, der Hin­ga­be, der Vor­be­rei­tung auf das Kreuz. Und von die­sem Ort wird Jesus spä­ter zum Him­mel auf­fah­ren – und dort­hin wird Er auch zurück­keh­ren (Apo­stel­ge­schich­te 1,11; Sachar­ja 14,4). Der Ölberg ist also nicht nur ein geo­gra­fi­scher Punkt. Er ist ein geist­li­cher Ort. Ein Ort der Per­spek­ti­ve, der Tren­nung vom Irdi­schen, der Nähe zu Got­tes Gedan­ken. Wer Got­tes Plä­ne erken­nen will, muss sich – geist­lich gespro­chen – auf den Ölberg bege­ben. Dort, in der Stil­le, in der Über­sicht, in der Ruhe, offen­bart der Herr sei­ne Wege.

Die Ant­wort Jesu ist zunächst auf die jüdi­sche Erwar­tung aus­ge­rich­tet. Er spricht zu Jün­gern, die noch in den Kate­go­rien des jüdi­schen Den­kens ver­haf­tet sind. Doch sei­ne Wor­te sind nicht exklu­siv. Sie sind so for­mu­liert, dass auch wir – als sei­ne Die­ner heu­te – dar­aus ler­nen kön­nen. Denn die Prin­zi­pi­en, die Er offen­bart, gel­ten über die Zei­ten hin­weg: Wach­sam­keit, Treue, geist­li­che Unter­schei­dung, Bereit­schaft. Jesus zeigt, dass äuße­re Zei­chen nicht genü­gen. Es geht um das Herz, um die Hal­tung, um das Leben in Erwar­tung. Die Jün­ger woll­ten wis­sen, wann das Ende kommt. Doch Jesus zeigt ihnen, wie sie leben sol­len, bis es kommt. Wenn wir heu­te über die letz­ten Din­ge nach­den­ken, über das Kom­men Jesu, über das Gericht und die Voll­endung, dann soll­ten wir uns geist­lich auf den Ölberg bege­ben. Wir soll­ten Abstand neh­men von der Betrieb­sam­keit des reli­giö­sen Systems und uns in die Ruhe Jesu set­zen. Von dort aus sehen wir kla­rer. Von dort aus hören wir bes­ser. Und von dort aus emp­fan­gen wir den Unter­richt, der uns vor­be­rei­tet – nicht nur auf das Ende, son­dern auf ein Leben in Hin­ga­be und Erwar­tung.

Mar­kus 13, 5–8: “Jesus aber begann zu ihnen zu spre­chen: Seht zu, dass euch nie­mand ver­füh­re! Vie­le wer­den unter mei­nem Namen kom­men und sagen: Ich bin’s! Und sie wer­den vie­le ver­füh­ren. Wenn ihr aber von Krie­gen und Kriegs­ge­rüch­ten hören wer­det, so erschreckt nicht! Es muss gesche­hen, aber es ist noch nicht das Ende. Denn es wird sich Nati­on gegen Nati­on und König­reich gegen König­reich erhe­ben; es wer­den Erd­be­ben sein an ver­schie­de­nen Orten, es wer­den Hun­gers­nö­te sein. Dies ist der Anfang der Wehen.”

Jesus beginnt sei­nen Unter­richt nicht mit einer theo­lo­gi­schen Abhand­lung oder einer syste­ma­ti­schen End­zeit-Leh­re. Er beginnt mit einer War­nung. Und das ist bezeich­nend. Denn was Er sagt, soll nicht die Neu­gier sei­ner Jün­ger befrie­di­gen, son­dern ihr Herz errei­chen. Es geht Ihm nicht um Spek­ta­kel, son­dern um geist­li­che Wach­sam­keit. Sei­ne Wor­te sind nicht abge­schlos­sen – sie sind der Beginn eines Pro­zes­ses, eines Weges des Ler­nens und Wach­sens im Dienst für Gott.

Die erste War­nung Jesu betrifft die Ver­füh­rung. Nicht durch äuße­re Umstän­de, son­dern durch Men­schen, die unter sei­nem Namen auf­tre­ten. „Ich bin’s!“, wer­den sie sagen – und vie­le wer­den ihnen glau­ben. Die­se fal­schen Mes­si­as­se sind nicht nur reli­giö­se Hoch­stap­ler, sie sind Aus­druck eines tie­fen geist­li­chen Pro­blems: des Unglau­bens. Die Mas­se wird ihnen fol­gen, nicht weil sie über­zeugt sind, son­dern weil sie die Wahr­heit nicht lie­ben. Sie suchen nach einem Ret­ter, aber nicht nach dem wah­ren Chri­stus. Sie wol­len Erlö­sung ohne Umkehr, Hoff­nung ohne Hei­li­gung.

Auch unse­re Zeit ist geprägt von geist­li­cher Ver­füh­rung. Men­schen wen­den sich vom bibli­schen Glau­ben ab – nicht sel­ten, weil reli­giö­se Füh­rer ihnen den Glau­ben ent­stellt oder ent­zo­gen haben. Es ent­steht eine geist­li­che Lee­re, eine Kluft, in die dämo­ni­sche Leh­ren ein­drin­gen. Die Ver­füh­rung ist sub­til, oft reli­gi­ös und biblisch getarnt, aber sie führt weg von Chri­stus. Des­halb ist Jesu War­nung heu­te aktu­el­ler denn je: „Seht zu!“ – das ist ein Ruf zur Wach­sam­keit, zur geist­li­chen Unter­schei­dung, zur Treue gegen­über dem Wort Got­tes.

Die­se War­nung ist hoch­ak­tu­ell. Denn die Ver­füh­rung geschieht heu­te nicht mehr nur durch fal­sche Mes­si­as­se mit San­da­len und Man­tel, son­dern durch Stim­men, die sich digi­tal mul­ti­pli­zie­ren, pro­fes­sio­nell insze­nie­ren und sich als geist­li­che Auto­ri­tä­ten aus­ge­ben. Vie­le kom­men unter sei­nem Namen – aber nicht in sei­nem Geist. Sie nen­nen sich „Chri­stus­zen­triert“, „pro­phe­tisch“, „apo­sto­lisch“ – doch ihre Bot­schaft ist nicht das Kreuz, son­dern das Ich. Sie ver­kün­den einen Jesus, der Wün­sche erfüllt, aber kei­ne Buße for­dert. Einen Erlö­ser, der moti­viert, aber nicht ret­tet. Ihre Wor­te sind glatt, ihre Büh­nen groß, ihre Reich­wei­te enorm – aber ihr Fun­da­ment ist Sand. Die Ver­füh­rung ist nicht plump – sie ist plau­si­bel. Sie kommt als Licht, nicht als Dun­kel­heit. Sie spricht von Lie­be, aber meint Tole­ranz gegen­über Sün­de. Sie spricht von Frei­heit, aber meint Unab­hän­gig­keit vom Wort Got­tes. Sie spricht von Gna­de, aber ohne Wahr­heit. Und genau des­halb ist sie so gefähr­lich – weil sie sich christ­lich anfühlt, aber Chri­stus nicht ver­kör­pert. Vie­le libe­ra­le Chri­sten sind anfäl­lig für die­se Täu­schung. Sie haben sich vom bibli­schen Maß­stab ent­fernt und durch kul­tu­rel­le Rele­vanz ersetzt. Sie lesen die Bibel selek­tiv, inter­pre­tie­ren sie sub­jek­tiv und leh­ren sie rela­ti­vi­stisch. Die kla­re Linie zwi­schen Wahr­heit und Irr­tum ver­schwimmt – und damit auch die Fähig­keit, geist­li­che Täu­schung zu erken­nen.

Was bedeu­tet das für uns heu­te? Wir müs­sen wach­sam sein. Nicht miss­trau­isch gegen­über Men­schen – son­dern prü­fend gegen­über Bot­schaf­ten. Wir müs­sen das Wort Got­tes nicht nur ken­nen, son­dern dar­in ver­wur­zelt sein. Denn nur wer das Ori­gi­nal kennt, erkennt die Fäl­schung. Jesus ruft uns zur Klar­heit, zur Treue, zur Unter­schei­dung. Nicht jeder, der „Ich bin’s!“ sagt, ist von Ihm gesandt. Nicht jede Bewe­gung, die sich christ­lich nennt, ist vom Hei­li­gen Geist geführt. Und nicht jede Bot­schaft, die sich gut anfühlt, ist geist­lich gesund.

Die zwei­te War­nung betrifft die Umstän­de. Jesus spricht von Krie­gen und Kriegs­ge­rüch­ten – von Gewalt, Unru­he, Unsi­cher­heit. Ein Krieg ist mehr als ein poli­ti­sches Ereig­nis. Er ist ein Aus­bruch von Cha­os, von Leid, von Tod. Und selbst das Gerücht eines Krie­ges kann Angst aus­lö­sen. Doch Jesus sagt: „Erschreckt nicht!“ War­um? Weil die­se Din­ge gesche­hen müs­sen. Sie sind Teil der End­zeit, aber sie sind nicht das Ende. Auch heu­te leben wir in einer Welt vol­ler Kon­flik­te. Krie­ge toben, Span­nun­gen stei­gen, die Nach­rich­ten sind voll von Gewalt. Doch Chri­sten brau­chen sich nicht zu fürch­ten. Unser Frie­de hängt nicht von den Umstän­den ab, son­dern von Chri­stus. Er ist unser Halt – auch wenn die Welt erschüt­tert wird.

Jesus spricht auch von Natur­ka­ta­stro­phen – Erd­be­ben, Hun­gers­nö­ten, und ande­ren For­men des Elends. Die­se Ereig­nis­se sind nicht nur phy­sisch erschüt­ternd, sie sind auch geist­li­che Zei­chen. Sie zei­gen, dass die Schöp­fung selbst unter der Last der Sün­de lei­det. Römer 8 spricht davon, dass die gan­ze Schöp­fung seufzt und auf Erlö­sung war­tet. Die Kata­stro­phen sind wie Geburts­we­hen – schmerz­haft, aber sie kün­di­gen etwas Neu­es an. Der Herr nennt sie den „Anfang der Wehen“. Das ist ein star­kes Bild. Wehen sind nicht das Ende – sie sind der Beginn einer Geburt. Sie sind not­wen­dig, damit neu­es Leben ent­ste­hen kann. So sind auch die­se Ereig­nis­se Teil von Got­tes Plan. Sie berei­ten den Weg für das Kom­men sei­nes Rei­ches. Doch sie sind auch Prü­fun­gen – für unse­ren Glau­ben, unse­re Hoff­nung, unse­re Lie­be.

Jesus spricht zu sei­nen Jün­gern als Die­ner. Sei­ne War­nun­gen sind nicht theo­re­tisch, son­dern prak­tisch. Sie sol­len ihr Leben prä­gen, ihren Dienst for­men, ihre Her­zen stär­ken. Die End­zeit ist kei­ne Zeit der Panik, son­dern der Vor­be­rei­tung. Kei­ne Zeit der Spe­ku­la­ti­on, son­dern der Hin­ga­be. Wir leben in einer Welt vol­ler Ver­füh­rung, vol­ler Kon­flik­te, vol­ler Erschüt­te­run­gen. Doch wir sind nicht ohne Ori­en­tie­rung. Der Herr hat gespro­chen – und sei­ne Wor­te sind Licht auf unse­rem Weg. Lasst uns wach­sam sein, fest im Glau­ben, bereit zum Dienst. Denn dies ist der Anfang der Wehen – und das bedeu­tet: Das Beste kommt noch.

Mar­kus 13, 9–13: “Ihr aber, seht auf euch selbst! Euch wer­den sie an Gerich­te über­lie­fern, und in den Syn­ago­gen wer­det ihr geschla­gen wer­den, und ihr wer­det vor Statt­hal­ter und Köni­ge gestellt wer­den um mei­net­wil­len, ihnen zu einem Zeug­nis; und allen Natio­nen muss vor­her das Evan­ge­li­um gepre­digt wer­den. Und wenn sie euch hin­füh­ren, um euch zu über­lie­fern, so sorgt euch vor­her nicht, was ihr reden sollt, son­dern was euch in jener Stun­de gege­ben wird, das redet! Denn nicht ihr seid die Reden­den, son­dern der Hei­li­ge Geist. Und es wird der Bru­der den Bru­der zum Tod über­lie­fern und der Vater das Kind; und Kin­der wer­den sich gegen Eltern erhe­ben und sie zu Tode brin­gen. Und ihr wer­det von allen gehasst wer­den um mei­nes Namens wil­len; wer aber aus­harrt bis ans Ende, der wird geret­tet wer­den.”

Inmit­ten der pro­phe­ti­schen Rede Jesu auf dem Ölberg rich­tet sich sein Blick nun ganz auf die Jün­ger selbst. „Ihr aber, seht auf euch selbst!“ – das ist kein all­ge­mei­ner Appell, son­dern eine per­sön­li­che, dring­li­che Mah­nung. Der Herr spricht nicht über ent­fern­te Ereig­nis­se, son­dern über das, was sei­ne Nach­fol­ger unmit­tel­bar betrifft. Die kom­men­den Umstän­de sind nicht nur glo­bal und kos­misch, son­dern zutiefst per­sön­lich. Es geht um Ver­fol­gung, um Hass, um Zer­bruch – aber auch um Zeug­nis, um Füh­rung durch den Hei­li­gen Geist und um das Aus­har­ren bis ans Ende.

Jesus kün­digt an, dass sei­ne Jün­ger vor Gerich­te gestellt und in Syn­ago­gen geschla­gen wer­den. Das ist erschüt­ternd: Die Orte, an denen Got­tes Wort gelehrt wird, wer­den zu Schau­plät­zen der Gewalt gegen die­je­ni­gen, die dem wah­ren Mes­si­as fol­gen. Die reli­giö­sen Syste­me, die sich von Got­tes Herz ent­fernt haben, wer­den ihre Macht nut­zen, um die treu­en Zeu­gen zum Schwei­gen zu brin­gen. Die Ver­hör­me­tho­den sind grau­sam – und sie fin­den dort statt, wo einst das Gesetz und die Pro­phe­ten ver­kün­det wur­den. Doch nicht nur reli­giö­se Insti­tu­tio­nen wer­den sich gegen die Jün­ger wen­den. Auch welt­li­che Obrig­kei­ten – Statt­hal­ter, Köni­ge, Rich­ter – wer­den sie zur Rechen­schaft zie­hen. Aber gera­de dort, in den Hal­len der Macht, wird das Evan­ge­li­um erklin­gen. Die Ver­fol­gung wird zur Platt­form für das Zeug­nis. So wie Pau­lus vor dem jüdi­schen Rat, vor Festus, Agrip­pa und sogar vor dem Kai­ser sprach, so wird auch heu­te das Evan­ge­li­um in Gefäng­nis­sen, Straf­la­gern und Gerichts­sä­len gehört – durch treue Zeu­gen, die sich nicht scheu­en, den Namen Jesu zu beken­nen.

In die­sen Momen­ten der Bedräng­nis gibt der Herr eine kost­ba­re Ver­hei­ßung: „Sorgt euch nicht, was ihr reden sollt.“ Das ist kei­ne Auf­for­de­rung zur Pas­si­vi­tät, son­dern ein Ruf zum Ver­trau­en. Der Hei­li­ge Geist wird in jener Stun­de die Wor­te geben, die gespro­chen wer­den müs­sen. Es ist nicht mensch­li­che Rhe­to­rik, nicht klu­ge Argu­men­ta­ti­on, son­dern gött­lich inspi­rier­te Wahr­heit, die durch die Jün­ger gespro­chen wird. Die­se Zusa­ge gilt auch heu­te. Wenn wir in Situa­tio­nen gera­ten, in denen unser Glau­be her­aus­ge­for­dert wird – sei es durch Anfein­dung, durch Druck oder durch per­sön­li­che Not –, dür­fen wir wis­sen: Der Hei­li­ge Geist ist unser Bei­stand. Er erfüllt uns, lei­tet uns, spricht durch uns. Nicht unse­re Stra­te­gie, son­dern sei­ne Gegen­wart ist ent­schei­dend (vgl. Apo­stel­ge­schich­te 1,8; 4,31).

Die pro­phe­ti­schen Wor­te Jesu gehen noch tie­fer. Sie zei­gen, dass der Hass gegen Ihn so stark sein wird, dass selbst die eng­sten fami­liä­ren Bin­dun­gen zer­bre­chen. Brü­der wer­den ein­an­der ver­ra­ten, Väter ihre Kin­der über­lie­fern, Kin­der sich gegen ihre Eltern erhe­ben – bis zum Tod. Das ist nicht nur eine sozia­le Kata­stro­phe, son­dern eine geist­li­che Tra­gö­die. Die natür­li­che Lie­be, die Fami­li­en zusam­men­hält, wird erkal­ten. Was Pau­lus in 2.Timotheus’ 3,1–4 beschreibt – Men­schen ohne natür­li­che Lie­be – wird Rea­li­tät: “Das sollst du aber wis­sen, dass in den letz­ten Tagen schlim­me Zei­ten kom­men wer­den. Denn die Men­schen wer­den viel von sich hal­ten, geld­gie­rig sein, prah­le­risch, hoch­mü­tig, Läste­rer, den Eltern unge­hor­sam, undank­bar, gott­los, lieb­los, unver­söhn­lich, schänd­lich, halt­los, zucht­los, dem Guten feind, Ver­rä­ter, unbe­dacht, auf­ge­bla­sen. Sie lie­ben die Aus­schwei­fun­gen mehr als Gott…”. Die­se Ent­wick­lung ist nicht plötz­lich, son­dern schlei­chend. Ego­is­mus, Gel­tungs­drang, emo­tio­na­le Ver­wahr­lo­sung – all das unter­gräbt die Fun­da­men­te der Gesell­schaft. Kin­der wach­sen ohne geist­li­che Ori­en­tie­rung auf, Eltern ver­lie­ren ihre Schutz­funk­ti­on, und die Fami­lie als Ort der Gebor­gen­heit wird zur Are­na des Ver­rats. Das ist die Frucht eines Her­zens, das Chri­stus ablehnt.

Jesus sagt: „Ihr wer­det von allen gehasst wer­den um mei­nes Namens wil­len.“ Das ist kei­ne Über­trei­bung, son­dern eine geist­li­che Rea­li­tät. Der Hass gegen Chri­stus ist uni­ver­sell – und wer Ihm nach­folgt, wird die­sen Hass spü­ren. Doch der Herr for­dert nicht Rück­zug, son­dern Aus­har­ren. „Wer aber aus­harrt bis ans Ende, der wird geret­tet wer­den.“ Die­ses Aus­har­ren ist nicht die Bedin­gung für die Erret­tung, son­dern ihr Beweis. Es zeigt, dass jemand wirk­lich zum Herrn gehört, dass sein Glau­be echt ist, dass sei­ne Hin­ga­be nicht nur ober­fläch­lich ist. Und selbst wenn es Ver­sa­gen gibt – der Weg der Wie­der­her­stel­lung steht offen. Gott ist treu, und Er führt sei­ne Kin­der durch jede Drang­sal hin­durch.

Mar­kus 13, 14–20: “Wenn ihr aber den Gräu­el der Ver­wü­stung ste­hen seht, wo er nicht soll­te – wer es liest, mer­ke auf! –, dann sol­len die in Judäa auf die Ber­ge flie­hen; wer auf dem Dach ist, soll nicht hin­ab­stei­gen und nicht hin­ein­ge­hen, um etwas aus sei­nem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, soll nicht zurück­keh­ren, um sei­nen Man­tel zu holen. Wehe aber den Schwan­ge­ren und den Stil­len­den in jenen Tagen! Betet aber, dass es nicht im Win­ter gesche­he! Denn jene Tage wer­den eine Bedräng­nis sein, wie sie von Anfang der Schöp­fung, die Gott geschaf­fen hat, bis jetzt nicht gewe­sen ist und nicht sein wird. Und wenn nicht der Herr die Tage ver­kürzt hät­te, wür­de kein Fleisch geret­tet wer­den; aber um der Aus­er­wähl­ten wil­len, die er aus­er­wählt hat, hat er die Tage ver­kürzt.”

In die­sem Abschnitt der Ölbergre­de spricht der Herr Jesus über eine Zeit, die alles bis­her Dage­we­se­ne über­tref­fen wird – eine Zeit der Bedräng­nis, der Ver­füh­rung, der Flucht und des gött­li­chen Ein­grei­fens. Es ist der Beginn der soge­nann­ten „gro­ßen Drang­sal“, eine Pha­se von drei­ein­halb Jah­ren, die in der pro­phe­ti­schen Schrift als bei­spiel­los beschrie­ben wird. Doch mit­ten in die­ser Fin­ster­nis leuch­tet das Licht der gött­li­chen Für­sor­ge und der Hoff­nung für die Aus­er­wähl­ten

Jesus spricht vom „Gräu­el der Ver­wü­stung“, einem Begriff, der aus dem Buch Dani­el stammt (Dani­el 9,27; 11,31; 12,11). Es han­delt sich um ein Göt­zen­bild, das der Anti­christ im Tem­pel auf­stel­len wird – ein Bild des Tie­res, das ange­be­tet wer­den soll (2.Thessalonicher 2,4; Offen­ba­rung 13,12–15). Die­ses Ereig­nis ist nicht nur ein reli­giö­ser Affront, son­dern ein geist­li­cher Wen­de­punkt. Für den treu­en Juden ist es das unmiss­ver­ständ­li­che Zei­chen: Jetzt ist die Zeit zu flie­hen. Jesus sagt: „Wer es liest, mer­ke auf!“ – das ist ein Ruf zur geist­li­chen Wach­sam­keit.

Doch genau hier liegt eine der größ­ten geist­li­chen Gefah­ren unse­rer Zeit: Vie­le Chri­sten – beson­ders in libe­ral gepräg­ten Krei­sen – lesen die Bibel nicht mehr als Got­tes hei­li­ges, unfehl­ba­res Wort, son­dern als kul­tu­rel­les Doku­ment, als Samm­lung spi­ri­tu­el­ler Impul­se oder als ethi­sche Inspi­ra­ti­on. Die Auto­ri­tät der Schrift wird rela­ti­viert, ihre unbe­que­men Wahr­hei­ten wer­den umge­deu­tet oder igno­riert. Wo das Wort nicht mehr ernst genom­men wird, ver­liert die Wahr­heit ihre Schär­fe. Wenn Sün­de nur noch als „Fehl­ent­wick­lung“ gilt, wenn Buße durch „Selbst­ak­zep­tanz“ ersetzt wird, wenn das Kreuz nur noch als Sym­bol für Lie­be, aber nicht mehr für Gericht und Erlö­sung ver­stan­den wird – dann ist der Weg zur Ver­füh­rung nicht weit.

Libe­ra­le Theo­lo­gie pre­digt oft einen Chri­stus ohne Kreuz, ein Evan­ge­li­um ohne Umkehr, eine Lie­be ohne Wahr­heit. Doch das Wort Got­tes ist kein Buf­fet, aus dem wir uns das Ange­neh­me her­aus­picken. Es ist ein zwei­schnei­di­ges Schwert (Hebrä­er 4,12), das trennt, rich­tet, heilt und auf­rich­tet. Wer es ent­schärft, ent­mach­tet es. Jesus sagt in Johan­nes 8,31–32: „Wenn ihr in mei­nem Wort bleibt, seid ihr wahr­haft mei­ne Jün­ger; und ihr wer­det die Wahr­heit erken­nen, und die Wahr­heit wird euch frei machen.“ Die­se Frei­heit kommt nicht durch Anpas­sung an den Zeit­geist, son­dern durch Treue zum Wort. Wer das Wort Got­tes mit geist­li­chem Ver­ständ­nis liest, wird nicht nur die Täu­schung erken­nen – er wird auch den Mut haben, ihr zu wider­ste­hen.

Die Drang­sal wird so plötz­lich her­ein­bre­chen, dass kei­ne Zeit bleibt, um noch etwas aus dem Haus zu holen. Wer auf dem Dach ist, soll nicht hin­ab­stei­gen. Wer auf dem Feld ist, soll nicht zurück­keh­ren, um sei­nen Man­tel zu holen. Das Leben ist kost­ba­rer als Besitz oder Kom­fort. Die Flucht muss sofort erfol­gen – ohne Umwe­ge, ohne Ver­zö­ge­rung. Die­se Dring­lich­keit zeigt, wie ernst die Lage sein wird. Es geht nicht um Panik, son­dern um Gehor­sam. Wer dem Wort glaubt, wird han­deln. Wer zögert, ris­kiert sein Leben. Die Treu­en wer­den sich durch ihre Bereit­schaft zur Flucht offen­ba­ren – sie haben das Wort gele­sen, ver­stan­den und beher­zigt.

Jesus denkt auch an die Schwäch­sten: „Wehe den Schwan­ge­ren und den Stil­len­den in jenen Tagen!“ Ihre kör­per­li­che Bela­stung macht die Flucht beson­ders schwer. Und Er denkt sogar an das Wet­ter: „Betet, dass es nicht im Win­ter gesche­he!“ Der Win­ter bringt zusätz­li­che Not – Käl­te, Dun­kel­heit, Erschöp­fung. Doch hier offen­bart sich Got­tes Herz: Die Jün­ger dür­fen beten. Das Ohr Got­tes ist offen für ihre Not. Er ist nicht fern, son­dern nahe – auch in der Drang­sal. Inter­es­sant ist, dass Mar­kus nicht den Zusatz bringt, den Mat­thä­us erwähnt: „…dass eure Flucht nicht am Sab­bat gesche­he“ (Mat­thä­us 24,20). Das zeigt, dass Mar­kus hier beson­ders die Erfah­run­gen von Die­nern betont – Men­schen, die im Dienst ste­hen und in der Drang­sal treu blei­ben sol­len.

Jesus beschreibt die­se Zeit als „eine Bedräng­nis, wie sie von Anfang der Schöp­fung bis jetzt nicht gewe­sen ist und nicht sein wird“. Das ist eine erschüt­tern­de Aus­sa­ge. Es gab vie­le Kata­stro­phen, Krie­ge, Ver­fol­gun­gen – aber nichts wird mit die­ser Drang­sal ver­gleich­bar sein. Jere­mia nennt sie „die Zeit der Drang­sal für Jakob“ (Jere­mia 30,7), und Dani­el spricht von einer „Zeit der Bedräng­nis, wie sie nie gewe­sen ist“ (Dani­el 12,1). Doch mit­ten in die­ser Fin­ster­nis gibt es Hoff­nung: Der Herr hat die Tage ver­kürzt – um der Aus­er­wähl­ten wil­len. Wäre das nicht gesche­hen, wür­de „kein Fleisch geret­tet wer­den“. Das zeigt, wie extrem die Bedräng­nis sein wird – aber auch, wie groß Got­tes Für­sor­ge ist. Er setzt dem Bösen eine Gren­ze. Er bewahrt einen Über­rest. Er erhält Leben – nicht aus Zufall, son­dern aus Gna­de.

Die Aus­er­wähl­ten sind die­je­ni­gen, die Gott sich erwählt hat – nicht wegen ihrer Lei­stung, son­dern aus sei­ner sou­ve­rä­nen Gna­de. Sie wer­den nicht alle der Drang­sal ent­kom­men, aber sie wer­den bewahrt. Man­che wer­den ster­ben, aber sie wer­den das Frie­dens­reich nicht ver­pas­sen. Sie wer­den an der ersten Auf­er­ste­hung teil­ha­ben (Offen­ba­rung 20,4). Ande­re wer­den über­le­ben – als Zeug­nis der Treue Got­tes. Die­se Ver­se zei­gen: Gott rich­tet nicht, ohne zuvor ein kla­res Zeug­nis gege­ben zu haben. Die Drang­sal ist nicht das Ende, son­dern der Über­gang. Und die Treu­en – die das Wort gele­sen, ver­stan­den und beher­zigt haben – wer­den durch­ge­tra­gen.

Mar­kus 13, 21–23: “Und wenn dann jemand zu euch sagt: Sie­he, hier ist der Chri­stus! Sie­he dort!, so glaubt nicht! Es wer­den aber fal­sche Chri­stus­se und fal­sche Pro­phe­ten auf­ste­hen und wer­den Zei­chen und Wun­der tun, um, wenn mög­lich, die Aus­er­wähl­ten zu ver­füh­ren. Ihr aber, seht zu! Ich habe euch alles vor­her­ge­sagt.”

Jesus sagt: „Wenn dann jemand zu euch sagt: Sie­he, hier ist der Chri­stus! Sie­he dort! – so glaubt nicht!“ Die­se War­nung ist nicht theo­re­tisch, son­dern hoch­ak­tu­ell. In Zei­ten größ­ter Bedräng­nis ist die Ver­su­chung groß, sich einem Ret­ter zuzu­wen­den, der schnel­le Hil­fe ver­spricht. Doch der Herr warnt: Nicht jeder, der sich als Chri­stus aus­gibt, ist der wah­re Mes­si­as. Die Ver­füh­rung wird nicht durch rohe Gewalt kom­men, son­dern durch Täu­schung – durch das, was echt aus­sieht, aber nicht echt ist. Die­se Wor­te sind mehr als eine pro­phe­ti­sche Mah­nung – sie sind ein Ruf zur geist­li­chen Wach­sam­keit in einer Zeit, in der Ver­füh­rung sub­til und digi­tal daher­kommt. Die War­nung Jesu gilt nicht nur für eine fer­ne Zukunft, son­dern trifft mit­ten ins Herz unse­rer Gegen­wart. In den sozia­len Netz­wer­ken begeg­nen uns täg­lich Stim­men, die sich als geist­li­che Auto­ri­tä­ten aus­ge­ben. Man­che ver­kün­den „neue Offen­ba­run­gen“, ande­re prä­sen­tie­ren ein „neu­es Evan­ge­li­um“, das angeb­lich bes­ser zur moder­nen Welt passt. Doch Jesus warnt uns aus­drück­lich davor, jedem zu glau­ben, der behaup­tet, Chri­stus zu reprä­sen­tie­ren – beson­ders wenn er sich außer­halb des bibli­schen Rah­mens bewegt.

Die digi­ta­le Welt hat die Kan­zel demo­kra­ti­siert. Jeder kann pre­di­gen, jeder kann leh­ren – aber nicht jeder spricht aus dem Geist Got­tes. Die Bibel ruft uns auf, die Gei­ster zu prü­fen (1. Johan­nes 4,1). Es reicht nicht, dass jemand cha­ris­ma­tisch spricht oder vie­le Fol­lower hat. Ent­schei­dend ist, ob das ver­kün­de­te Wort mit dem Evan­ge­li­um Jesu Chri­sti über­ein­stimmt.

Das Evan­ge­li­um ist nicht ver­han­del­bar. Es ist nicht ver­al­tet, nicht ergänz­bar, nicht ersetz­bar. Pau­lus schreibt in Gala­ter 1,8:„Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Him­mel euch ein ande­res Evan­ge­li­um ver­kün­dig­ten als das, was wir euch ver­kün­digt haben, der sei ver­flucht!“

Die­se Wor­te sind radi­kal – und not­wen­dig. Denn die Ver­füh­rung kommt oft nicht in Form offe­ner Ableh­nung, son­dern als sub­ti­le Ver­schie­bung der Wahr­heit. Ein biss­chen weni­ger Kreuz, ein biss­chen mehr Selbst­ver­wirk­li­chung. Ein biss­chen weni­ger Buße, ein biss­chen mehr Moti­va­ti­on. Doch das Evan­ge­li­um ist kein Coa­ching-Pro­gramm – es ist Got­tes Ret­tungs­plan für ver­lo­re­ne Men­schen.

Was bedeu­tet das für uns heu­te? Wir müs­sen wach­sam sein. Wir müs­sen im Wort blei­ben. Wir müs­sen ler­nen, zwi­schen Wahr­heit und Täu­schung zu unter­schei­den. Nicht jeder, der „Herr, Herr“ sagt, ist von Chri­stus gesandt (Mat­thä­us 7,21). Nicht jede Offen­ba­rung ist gött­lich. Und nicht jede digi­ta­le Pre­digt führt zur Wahr­heit. Blei­ben wir fest im Glau­ben. Blei­ben wir ver­wur­zelt im Wort. Und las­sen wir uns nicht ver­füh­ren – weder durch glän­zen­de Vide­os noch durch schein­bar neue geist­li­che Erkennt­nis­se. Der wah­re Chri­stus ist nicht dort, wo Men­schen ihn hin­pro­ji­zie­ren – son­dern dort, wo das Kreuz steht.

Es ist nicht nur die Wut Satans, die uns bedroht – jener „brül­len­de Löwe“ aus 1.Petrus 5,8 –, son­dern auch sei­ne List. Er tritt auf als „Engel des Lichts“ (2.Korinther 11,14), char­mant, über­zeu­gend, schein­bar gött­lich. Und wer die Lie­be zur Wahr­heit nicht ange­nom­men hat, wird zur Beu­te die­ser Täu­schung (2.Thessalonicher 2,9). Die Ver­füh­rung wird nicht plump sein, son­dern raf­fi­niert – und sie wird vie­le errei­chen.

Neben den fal­schen Chri­stus­sen wer­den auch fal­sche Pro­phe­ten auf­tre­ten. Sie wer­den mit glän­zen­den Wor­ten, mit rhe­to­ri­scher Bril­lanz und schein­ba­rer geist­li­cher Tie­fe die fal­schen Erlö­ser als den wah­ren Chri­stus anprei­sen. Ihre Bot­schaf­ten wer­den emo­tio­nal, über­zeu­gend, kraft­voll sein – und sie wer­den durch Zei­chen und Wun­der bestä­tigt. Es wird alles sehr echt aus­se­hen. Die Täu­schung wird nicht durch Irr­tum, son­dern durch Insze­nie­rung gesche­hen. Die­se Zei­chen und Wun­der sind nicht Aus­druck gött­li­cher Macht, son­dern Werk­zeu­ge der Ver­füh­rung. Sie sol­len die Sin­ne blen­den, das Herz betäu­ben und den Ver­stand aus­schal­ten. Die Gefahr ist real – und sie betrifft auch die Aus­er­wähl­ten. Wenn mög­lich, sagt Jesus, wür­den selbst sie ver­führt wer­den. Das zeigt, wie stark die Täu­schung sein wird.

Die Büh­ne ist nicht mehr der Markt­platz, son­dern der Live­stream. Die Zei­chen sind nicht mehr Feu­er vom Him­mel, son­dern vira­le Clips, per­fekt geschnit­te­ne Pre­dig­ten, emo­tio­na­le Musik­un­ter­ma­lung und ein Algo­rith­mus, der genau weiß, was dein Herz hören will. Die fal­schen Pro­phe­ten haben heu­te Zugriff auf KI-gene­rier­te Bil­der, Deepf­ake-Vide­os und mani­pu­la­ti­ve Rhe­to­rik, die nicht nur täuscht – son­dern über­zeugt.

Sie spre­chen von Frei­heit, aber füh­ren in geist­li­che Abhän­gig­keit. Sie ver­kün­den einen Chri­stus ohne Kreuz, ein Evan­ge­li­um ohne Buße, eine Erlö­sung ohne Wahr­heit. Ihre Wor­te klin­gen wie Bibel – aber sie sind nicht Bibel. Ihre Zei­chen wir­ken wie Wun­der – aber sie sind nicht von Gott. Sie zielt auf unse­re Sehn­sucht, unse­re Ver­letz­lich­keit, unse­re Suche nach Sinn. Und genau des­halb ist sie so gefähr­lich. Denn sie kommt nicht als Angriff, son­dern als Ange­bot. Nicht als Lüge, son­dern als Alter­na­ti­ve. Nicht als Dun­kel­heit, son­dern als blen­den­des Licht.

Doch der Herr lässt uns nicht im Dun­keln. „Ihr aber, seht zu! Ich habe euch alles vor­her­ge­sagt.“ Das ist nicht nur eine Mah­nung, son­dern ein Aus­druck sei­ner Lie­be. Er will, dass wir vor­be­rei­tet sind. Er spricht nicht, um Angst zu machen, son­dern um Klar­heit zu schen­ken. Wer gewarnt ist, kann wach­sam sein. Wer das Wort kennt, kann unter­schei­den. Wer auf den Herrn hört, wird nicht fal­len. Die­se War­nung ist ein Ruf zur Treue gegen­über dem Wort Got­tes. Wenn wir uns den­noch ver­füh­ren las­sen, liegt das nicht an der Stär­ke der Täu­schung, son­dern an unse­rer Nach­läs­sig­keit. Dann haben wir das Wort ver­ges­sen, igno­riert oder bei­sei­te­ge­scho­ben. Doch das Wort ist unser siche­rer Füh­rer – unser Licht in der Fin­ster­nis, unser Kom­pass in der Ver­wir­rung.

Jesus spricht hier als der Pro­phet, den Mose ange­kün­digt hat (5.Mose 18,19). Er ist nicht nur Ret­ter und König, son­dern auch Leh­rer und War­ner. Sei­ne Wor­te sind nicht nur Trost, son­dern auch Weg­wei­sung. Er zeigt uns, was kommt – damit wir nicht über­rascht wer­den, son­dern vor­be­rei­tet sind. Sei­ne pro­phe­ti­sche Rede ist ein Geschenk – ein Aus­druck sei­ner Für­sor­ge für die Sei­nen. Amen.