Begier­de ent­ta­bui­siert: Ein Plä­doy­er für Ehr­lich­keit und Tie­fe!

Begier­de ist ein star­kes Ver­lan­gen – oft kör­per­lich, manch­mal emo­tio­nal, gele­gent­lich spi­ri­tu­ell. Sie kann antrei­ben, moti­vie­ren, aber auch zer­stö­ren. Lust ist die sinn­li­che Schwe­ster der Begier­de, oft mit Sexua­li­tät ver­bun­den, aber nicht aus­schließ­lich. In einer Welt, die uns stän­dig mit Rei­zen über­flu­tet, stellt sich die Fra­ge: Wie gehen wir mit die­sen Kräf­ten um?
Die Bibel spricht offen über Begier­de und Lust – nicht als Tabu­the­men, son­dern als mensch­li­che Rea­li­tä­ten. Sie warnt vor der zer­stö­re­ri­schen Kraft unge­zü­gel­ter Begier­de, aber sie erkennt auch die Schön­heit von Lie­be und Lei­den­schaft im rich­ti­gen Rah­men.

„Denn alles, was in der Welt ist – die Flei­sches­lust, die Augen­lust und der Hoch­mut des Lebens – ist nicht vom Vater, son­dern von der Welt.“ (1. Johan­nes 2,16)

Die­ser Vers zeigt, dass Lust nicht per se böse ist, aber sie kann uns von Gott ent­fer­nen, wenn sie zur trei­ben­den Kraft unse­res Han­delns wird. Die Her­aus­for­de­rung liegt dar­in, unse­re Sehn­süch­te zu erken­nen und zu prü­fen, ob sie uns näher zu unse­rem inne­ren Frie­den füh­ren – oder uns davon abhal­ten. Denn nicht jede Sehn­sucht ist hei­lig, und nicht jede Lust führt zur Erfül­lung. Man­che Begier­den sind wie flackern­de Flam­men – sie ver­spre­chen Wär­me, doch kön­nen sie uns ver­bren­nen, wenn wir ihnen blind fol­gen. Die Kunst besteht dar­in, zwi­schen dem zu unter­schei­den, was uns wirk­lich nährt, und dem, was uns nur kurz­fri­stig betäubt. In einer Welt, die uns stän­dig zur Selbst­ver­wirk­li­chung auf­for­dert, ist es leicht, den inne­ren Kom­pass zu ver­lie­ren. Doch wer sich selbst ehr­lich hin­ter­fragt, ent­deckt oft, dass hin­ter der Lust nach Besitz, Macht oder kör­per­li­cher Befrie­di­gung eine tie­fe­re Sehn­sucht steckt – nach Lie­be, Aner­ken­nung, Gebor­gen­heit. Die­se Sehn­sucht ist nicht falsch. Aber sie will in Wahr­heit gestillt wer­den, nicht durch Kon­sum oder Kon­trol­le, son­dern durch Bezie­hung und Sinn.

Jako­bus schreibt: „Ein jeder aber wird ver­sucht, wenn er von sei­ner eige­nen Begier­de fort­ge­zo­gen und gelockt wird. Danach, wenn die Begier­de emp­fan­gen hat, bringt sie Sün­de her­vor; die Sün­de aber, wenn sie voll­endet ist, gebiert den Tod“ (Jako­bus 1,14–15). Moder­ner gesagt: Es ist die eige­ne Begehr­lich­keit, die den Men­schen ködert und ein­fängt. Wenn jemand ihr nach­gibt, wird die Begehr­lich­keit gleich­sam schwan­ger und gebiert die Sün­de. Und wenn die Sün­de aus­ge­wach­sen ist, bringt sie den Tod her­vor.

Die­ser Vers zeigt die Dyna­mik: Begier­de ist nicht sofort Sün­de – aber sie kann zur Sün­de wer­den, wenn sie uns beherrscht. Es ist ein Pro­zess, der mit einem Gedan­ken beginnt, sich in ein Ver­lan­gen ver­wan­delt und schließ­lich in eine Hand­lung mün­det. Des­halb ist Wach­sam­keit gefragt – nicht aus Angst, son­dern aus Lie­be zur Wahr­heit. Wer sei­ne Sehn­süch­te in Got­tes Licht stellt, wird nicht ver­dammt, son­dern ver­wan­delt. Denn Gott kennt unser Herz – und er will es nicht unter­drücken, son­dern hei­len.

„Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, um sie zu begeh­ren, der hat in sei­nem Her­zen schon Ehe­bruch mit ihr began­gen“ (Mat­thä­us 5,28).

Jesus geht hier tie­fer als das äuße­re Ver­hal­ten – er spricht das Herz an. Begier­de beginnt im Inne­ren, oft unsicht­bar, aber sie formt unse­re Gedan­ken, unse­re Ent­schei­dun­gen, unse­re Bezie­hun­gen. Die Ein­la­dung ist klar: nicht zur Unter­drückung, son­dern zur Bewusst­heit und zur geist­li­chen Rei­fung. Denn Jesus zeigt, dass wah­re Ver­än­de­rung nicht durch äuße­re Regeln geschieht, son­dern durch inne­re Erneue­rung. Es genügt nicht, Ver­su­chun­gen zu mei­den – wir sind ein­ge­la­den, unser Herz zu ver­wan­deln. Die geist­li­che Rei­fung, von der Jesus spricht, ist kein mora­li­scher Kraft­akt, kei­ne Ver­bo­te, son­dern ein Pro­zess der Hin­wen­dung zu Gott, der unse­re inner­sten Beweg­grün­de ans Licht bringt. Begier­de ist nicht nur eine Fra­ge des Kör­pers, son­dern auch des Gei­stes. Sie kann sich in Gedan­ken fest­set­zen, in Fan­ta­sien aus­brei­ten und unser Ver­hal­ten sub­til beein­flus­sen. Des­halb for­dert Jesus nicht bloß Dis­zi­plin, son­dern Klar­heit: Was nährt mei­ne See­le wirk­lich? Was führt mich in die Frei­heit – und was bin­det mich an flüch­ti­ge Befrie­di­gung?

In den Sprü­chen heißt es: „Behü­te dein Herz mit allem Fleiß, denn dar­aus quillt das Leben” (Sprü­che 4,23). Die­ser Vers erin­nert uns dar­an, dass unser Herz der Ursprung unse­res Lebens ist – nicht nur bio­lo­gisch, son­dern auch geist­lich. Wer sein Herz bewacht, schützt nicht nur sich selbst, son­dern auch sei­ne Bezie­hun­gen, sei­ne Beru­fung, sei­ne Ver­bin­dung zu Gott. Bewusst­heit bedeu­tet, sich selbst ehr­lich zu begeg­nen. Geist­li­che Rei­fung bedeu­tet, sich von Gott for­men zu las­sen – nicht durch Zwang, son­dern durch Lie­be. Und genau dar­in liegt die Frei­heit: nicht in der Unter­drückung der Lust, son­dern in ihrer hei­li­gen und rich­ti­gen Ein­ord­nung.

Doch Begier­de kann auch posi­tiv sein. Die Sehn­sucht nach Nähe, nach Lie­be, nach Sinn – all das sind For­men der Begier­de, die uns zu Gott füh­ren kön­nen. Der Schlüs­sel liegt in der Aus­rich­tung. „Freue dich an dem HERRN, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt“ (Psalm 37,4). Wenn unse­re Begier­de in Gott ver­wur­zelt ist, wird sie nicht zur Fal­le, son­dern zur Quel­le. Lust, die in Lie­be ein­ge­bet­tet ist, wird zur Gabe. Begier­de, die von Weis­heit gelei­tet wird, wird zur Kraft. Die­se Sicht­wei­se eröff­net einen heil­sa­men Zugang zu einem oft miss­ver­stan­de­nen The­ma. Denn Begier­de ist nicht nur ein Aus­druck unse­rer Mensch­lich­keit, son­dern auch ein Hin­weis auf unse­re tief­sten Sehn­süch­te – nach Ver­bun­den­heit, nach Wahr­heit, nach Tran­szen­denz. Wenn wir ler­nen, die­se Sehn­süch­te nicht zu ver­drän­gen, son­dern sie bewusst zu Gott hin aus­zu­rich­ten, ver­wan­deln sie sich von inne­rer Unru­he in geist­li­che Bewe­gung. In der christ­li­chen Tra­di­ti­on ist die Unter­schei­dung zwi­schen unge­ord­ne­ter und geord­ne­ter Begier­de zen­tral. Die unge­ord­ne­te Begier­de sucht Erfül­lung in Din­gen, die ver­gäng­lich sind – sie kreist um das Ich. Die geord­ne­te Begier­de hin­ge­gen rich­tet sich auf das Gute, das Wah­re, das Ewi­ge. Sie ist nicht gegen den Kör­per oder gegen Lust, son­dern für eine tie­fe­re Ein­heit von Leib und See­le. „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unord­nung, son­dern des Frie­dens.“ (1. Korin­ther 14,33)

Wenn unse­re Begier­den in gött­li­cher Ord­nung ste­hen, ent­steht Frie­den – nicht nur äußer­lich, son­dern im Inner­sten. Dann wird Lust nicht zur Last, son­dern zur Spra­che der Lie­be. Dann wird Sehn­sucht nicht zur Flucht, son­dern zur Ein­la­dung, tie­fer zu leben. Und viel­leicht ist das die größ­te Ver­wand­lung: dass wir ler­nen, unse­re Begier­den nicht zu fürch­ten, son­dern sie als Weg­wei­ser zu erken­nen. Nicht jede Lust muss bekämpft wer­den – man­che muss nur gehei­ligt wer­den. Denn Lust ist nicht der Feind des Glau­bens, son­dern ein Teil unse­rer Schöp­fung. Sie ist Aus­druck von Leben­dig­keit, von Sehn­sucht, von der Fähig­keit, Schön­heit und Nähe zu emp­fin­den. Was sie gefähr­lich macht, ist nicht ihre Exi­stenz, son­dern ihre Ent­frem­dung vom gött­li­chen Sinn. Wenn Lust sich nur um das eige­ne Ich dreht, wird sie zur Gier. Wenn sie aber ein­ge­bet­tet ist in Lie­be, Ver­ant­wor­tung und Hin­ga­be, wird sie zur Gabe. Gehei­lig­te Lust ist nicht prü­de, son­dern tief­ge­hend. Sie sucht nicht den schnel­len Reiz, son­dern die ech­te Begeg­nung. Sie fragt nicht: „Was bekom­me ich?“ – son­dern: „Was darf ich schen­ken?“ In der Ehe, in der Freund­schaft, in der geist­li­chen Gemein­schaft kann Lust zu einem Aus­druck von Ver­bun­den­heit wer­den, der Gott ehrt.

Pau­lus sagt: „Die Lie­be sei ohne Heu­che­lei. Hasst das Böse, hal­tet fest am Guten“ (Römer 12,9). Die­ser Vers erin­nert uns dar­an, dass ech­te Lie­be Klar­heit braucht – und dass Lust, wenn sie in Lie­be grün­det, nicht heuch­le­risch oder mani­pu­la­tiv ist, son­dern ehr­lich und gut. Sie wird nicht zur Sün­de, son­dern zur Fei­er des Lebens. Gehei­lig­te Lust bedeu­tet auch, sich selbst zu ken­nen: die eige­nen Gren­zen, die eige­nen Bedürf­nis­se, die eige­nen Ver­su­chun­gen. Sie ver­langt nicht Per­fek­ti­on, son­dern Hin­ga­be. Und sie lebt aus der Kraft der Ver­ge­bung – denn wo wir schei­tern, dür­fen wir neu begin­nen.

Und zur Lust und Begier­de gehört auch die Sexua­li­tät – als kraft­vol­ler Aus­druck von Nähe, Inti­mi­tät und schöp­fe­ri­scher Ver­bin­dung, die im rech­ten Maß zur hei­li­gen Gabe wer­den kann. Denn Sexua­li­tät ist von Gott geschaf­fen – nicht als etwas Schmut­zi­ges oder Ver­bo­te­nes, son­dern als Teil der guten Schöp­fung. In der Bibel wird sie nicht nur tole­riert, son­dern gefei­ert – etwa im Hohe­lied Salo­mos, wo die ero­ti­sche Lie­be zwi­schen Mann und Frau poe­tisch und lei­den­schaft­lich beschrie­ben wird. „Wie schön bist du und wie lieb­lich, du Lie­be vol­ler Won­ne!“ (Hohe­lied 7,7)

Doch wie bei jeder Form von Lust liegt die Her­aus­for­de­rung in der Aus­rich­tung. Sexua­li­tät kann hei­len, ver­bin­den, stär­ken – oder ver­let­zen, ent­frem­den und zer­stö­ren. Sie ent­fal­tet ihre Kraft dort, wo sie ein­ge­bet­tet ist in Lie­be, Treue und gegen­sei­ti­ge Ach­tung. Nicht in der blo­ßen Befrie­di­gung, son­dern in der Hin­ga­be liegt ihre Wür­de.

„Dar­um wird ein Mann sei­nen Vater und sei­ne Mut­ter ver­las­sen und sei­ner Frau anhan­gen, und sie wer­den ein Fleisch sein“ (1. Mose 2,24). Die­ser Vers zeigt: Sexua­li­tät ist nicht nur kör­per­li­che Ver­ei­ni­gung, son­dern Aus­druck einer tie­fen geist­li­chen und emo­tio­na­len Ein­heit. Sie ist ein Bund, kein Kon­sum. Ein Geschenk, kein Anspruch. Die­se Wor­te aus dem Schöp­fungs­be­richt offen­ba­ren die ursprüng­li­che Absicht Got­tes mit der Sexua­li­tät: Sie soll nicht iso­liert gelebt wer­den, son­dern ein­ge­bet­tet in eine Bezie­hung, die auf Treue, Hin­ga­be und gegen­sei­ti­gem Respekt grün­det. „Ein Fleisch“ zu wer­den bedeu­tet mehr als kör­per­li­che Nähe – es ist ein Bild für die voll­stän­di­ge Ver­bin­dung zwei­er Men­schen, die sich nicht nur äußer­lich, son­dern auch inner­lich ein­an­der zuwen­den.

In die­ser Ein­heit liegt eine tie­fe geist­li­che Dimen­si­on: Sexua­li­tät wird zur Spra­che der Lie­be, zur Fei­er der Ver­bun­den­heit, zur Ver­kör­pe­rung des Bun­des. Sie ist nicht belie­big, nicht aus­tausch­bar, son­dern zutiefst per­sön­lich und hei­lig. Des­halb ver­dient sie Schutz – nicht aus Angst, son­dern aus Ehr­furcht vor ihrer Kraft. Nicht sagt das Wort Got­tes fol­gen­des: „Ehre die Ehe, und hal­tet sie hei­lig. Denn Gott wird die Unzüch­ti­gen und Ehe­bre­cher rich­ten“ (Hebrä­er 13,4). Die­ser Vers erin­nert dar­an, dass Sexua­li­tät nicht nur pri­vat, son­dern auch geist­lich rele­vant ist. Sie betrifft nicht nur zwei Men­schen, son­dern auch ihre Bezie­hung zu Gott. Wenn sie im Bund der Lie­be gelebt wird, wird sie zur Quel­le von Freu­de, Ver­trau­en und geist­li­cher Tie­fe.

In einer Zeit, in der Sexua­li­tät oft ent­kop­pelt wird von Bezie­hung und Ver­ant­wor­tung, ist es umso wich­ti­ger, sie wie­der als Gabe zu ver­ste­hen – nicht als Ware, son­dern als Aus­druck von Hin­ga­be. Nicht als Mit­tel zur Selbst­ver­wirk­li­chung, son­dern als Weg zur gegen­sei­ti­gen Erbau­ung. Denn wenn Sexua­li­tät nur noch als Kon­sum­gut betrach­tet wird, ver­liert sie ihre Tie­fe und ihre Schön­heit. Sie wird zur flüch­ti­gen Erfah­rung, zur Suche nach Bestä­ti­gung, zur Ablen­kung vom inne­ren Man­gel. Doch in Wahr­heit ist sie viel mehr: ein hei­li­ger Raum, in dem zwei Men­schen sich nicht nur kör­per­lich begeg­nen, son­dern sich gegen­sei­tig beja­hen, schüt­zen und stär­ken.

Die christ­li­che Sicht auf Sexua­li­tät lädt dazu ein, sie nicht zu ent­wer­ten, son­dern zu hei­li­gen. Sie ist kein Tabu, son­dern ein Geschenk, das in der Lie­be sei­nen höch­sten Aus­druck fin­det. In einer Bezie­hung, die auf Ver­trau­en, Treue und geist­li­cher Ver­bun­den­heit grün­det, wird Sexua­li­tät zur Spra­che der See­le – ehr­lich, ver­letz­lich, schöp­fe­risch. „Und der Mensch und sei­ne Frau waren bei­de nackt und schäm­ten sich nicht“ (1. Mose 2,25). In der ursprüng­li­chen Schöp­fung war Sexua­li­tät frei von Scham, weil sie ein­ge­bet­tet war in eine Bezie­hung vol­ler Rein­heit und gegen­sei­ti­ger Ach­tung. Die Nackt­heit war nicht bloß kör­per­lich, son­dern auch see­lisch – ein Zei­chen von Offen­heit und Ver­trau­en. In der heu­ti­gen Zeit braucht es Mut, Sexua­li­tät wie­der in die­sen Kon­text zu stel­len. Es bedeu­tet, gegen den Strom zu schwim­men, sich nicht von Ober­fläch­lich­keit trei­ben zu las­sen, son­dern Tie­fe zu suchen. Es bedeu­tet, sich selbst und den ande­ren als Eben­bild Got­tes zu sehen – wür­dig, geliebt, und beru­fen zur Hin­ga­be.

Kei­ne Angst vor Lust, Begier­de und Sexua­li­tät – denn sie sind kei­ne Fein­de der See­le, son­dern Aus­druck ihrer Leben­dig­keit. Sie sind Kräf­te, die uns berüh­ren, bewe­gen und ver­bin­den wol­len. Wenn wir sie mit Rei­fe und Ver­ant­wor­tung leben, wer­den sie nicht zur Gefahr, son­dern zur Quel­le von Nähe, Ver­trau­en und gegen­sei­ti­ger Hin­ga­be. Lust ist kein Makel, son­dern ein Geschenk, das in der Lie­be sei­nen Sinn fin­det. Begier­de ist nicht zu ver­dam­men, son­dern zu ver­wan­deln – von blo­ßem Ver­lan­gen hin zur Sehn­sucht nach ech­ter Begeg­nung. Sexua­li­tät ist nicht nur kör­per­lich, son­dern zutiefst geist­lich: ein Raum, in dem zwei Men­schen sich gegen­sei­tig erken­nen, beja­hen und erbau­en. Wer ohne Angst hin­schaut, ent­deckt nichts schmut­zi­ges, son­dern Schön­heit – nicht Scham, son­dern Wür­de. Es braucht Mut, die­se Kräf­te nicht zu ver­drän­gen, son­dern sie in unse­rem Leben und im geleb­ten Christ­sein zu inte­grie­ren, zu hei­len und zu hei­li­gen. Denn in ihrer tief­sten Wahr­heit sind sie ein Spie­gel der gött­li­chen Lie­be, die sich ver­schenkt, ver­bin­det und Leben her­vor­bringt.

Wir sind geschaf­fen für Bezie­hung. Doch in einer Kul­tur, die Begier­de ent­we­der roman­ti­siert oder ver­teu­felt, geht ihre eigent­li­che Tie­fe oft ver­lo­ren. Sie wird zur Ware, zur Pro­jek­ti­on, zur Flucht. Dabei liegt in ihr ein hei­li­ger Ruf – nicht zur Maß­lo­sig­keit, son­dern zur Begeg­nung. Ech­te Ehr­lich­keit beginnt dort, wo wir unse­re Begier­de nicht län­ger ver­stecken oder ver­drän­gen, son­dern sie anschau­en, ver­ste­hen und in Lie­be ver­wan­deln. Sie ist nicht bloß ein kör­per­li­ches Ver­lan­gen, son­dern oft ein Spie­gel unse­rer inner­sten Sehn­süch­te: nach Gebor­gen­heit, nach Aner­ken­nung, nach Sinn. Wenn wir ler­nen, Begier­de nicht als Feind, son­dern als Lehr­mei­ster zu sehen, öff­net sich ein Raum für Tie­fe, für Wachs­tum, für geist­li­che Rei­fung. Amen.